Anleitung zum Börsenhandel: Was gegen das Menschsein hilft

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Die Psyche ist an der Börse viel präsenter, als einem lieb sein kann. Gut zu wissen.

Die Psyche kriecht aus allen Poren, meinte schon Sigmund Freud, der damit sagen wollte, dass niemand seinen inneren Zustand verbergen kann, auch wenn er das noch so sehr will. Auch an der Börse ist die Psyche omnipräsent. Und weil dort nicht nur die eigene zugegen ist, sondern viele Psychen gleichzeitig, ist sehr vieles im Anlegergeschäft Psychologie.

Das mag auf den ersten Blick paradox erscheinen, denken doch die meisten, dass die Anlegerwelt vorwiegend rational agiert, was sie ja auch ständig mit Zahlen, Charts und Fakten aus der Geschichte untermauern. Aber de facto werden die Kurse in einem gehörigen Ausmaß auch durch die Stimmung beeinflusst. Der legendäre Börsenstar André Kostolany bezifferte ihren Anteil gar mit 90 Prozent. Das mag wohl übertrieben sein. Eine gängige Einschätzung unter Experten lautet, dass in unaufgeregten Börsenzeiten die Psychologie ein Drittel zu den Investitionsentscheidungen beiträgt, während sie in turbulenten oder gar Crashzeiten zwei Drittel ausmacht. Die Panik nämlich, die dann alle erfasst, führt zu Verkäufen, die man ansonsten nicht unbedingt getätigt hätte und die die auf dem Markt herrschende Panik dann nur weiter verstärken.



Nicht zufällig gibt es genug Kunstgriffe, den eigenen psychischen Anteil beim Investieren etwa durch Computerhandel oder durch in ruhigen Zeiten gesetzte Order bzw. Verkaufslimits zu minimieren. Wer es durch Selbsttraining schafft, cool und auch in turbulenten Zeiten bei seiner Anlagestrategie zu bleiben, ist hier also im Vorteil.

In der Wirtschaftswissenschaft hat sich bereits in den 1980er Jahren als eigener Zweig die Behavioral finance entwickelt, die sich dem psychologischen und eben oftmals irrationalen Anlageverhalten der Menschen widmet.

Welche Erkenntnisse sie gebracht hat? Zum Beispiel, dass viele Anleger Lemminge sind, die aber den Trend zu spät erkennen und ihm dann hinterherlaufen. Oder dass nur selten jemand dazu bereit ist, die eigenen Fehler einzugestehen und nach einer solchen Erkenntnis sich u.U. auch von einem Investment zu verabschieden. Oder dass der Mensch zur Selbstüberschätzung neigt und in der Vorstellung, sich völlig unter Kontrolle zu haben, den Markt zu schlagen glaubt. Oder dass Leichtgläubigkeit jedem beliebigen Marktschreier aufsitzt, nur weil dieser eine Anlage schön zu verpacken und gut zu verkaufen versteht. Oder dass die eigenen Vorlieben oder der eigene Beruf die Entscheidung vorgeben, wie man investiert – was dann so aussieht, dass etwa Mitarbeiter einer Baufirma vor allem Aktien von Bauunternehmen kaufen und womöglich sogar nur die der eigenen Firma, obwohl die einer anderen größeres Potenzial haben kann.

Nun, wir sind alle Menschen. Und nichts Menschliches ist uns fremd, wie schon der antike Dichter Terenz schrieb. Nur wissen muss man darum. Denn Selbsterkenntnis ist bekanntlich der erste Schritt zur Besserung.

Email: eduard.steiner@diepresse.com

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