Denkmalschutz: Altes bewahren, für Neues offen sein

Am 30. September zu besichtigen: Schloss Lackenbach im Burgenland. Im Bild ein Zimmer im Gästehaus.
Am 30. September zu besichtigen: Schloss Lackenbach im Burgenland. Im Bild ein Zimmer im Gästehaus.(c) Esterhazy Betriebe GmbH, Alex Kir
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Wann wird ein Objekt unter Schutz gestellt? Warum? Fachdirektor Bernd Euler-Rolle erklärt anlässlich des Tags des Denkmals am 30. September Kriterien und Prozedere.

Nicht nur zahlreiche Bauten öffnen am 30. September ihre Türen in ganz Österreich, sondern auch das Bundesdenkmalamt selbst. Diese Behörde ist dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) zugeordnet und dafür zuständig, dass schützenswerte Gebäude vor groben baulichen Veränderungen bewahrt werden.

Aber was ist schützenswert? Darüber gehen seit jeher die Meinungen auseinander. Für die Behörde ist ausschlaggebend, ob ein Gebäude eine besondere Bedeutung hat, sei es aus historischer, kultureller oder künstlerischer Sicht. „Ein Objekt, das sich über andere hinaushebt, wird von unseren Sachverständigen genau geprüft und einem Unterschutzstellungsverfahren unterzogen“, erklärt Bernd Euler-Rolle, Fachdirektor im Denkmalamt. Das Ergebnis des Verfahrens kann beeinsprucht werden. Wird die Unterschutzstellung rechtskräftig, wird das Gebäude in eine Datenbank, das sogenannte Denkmalverzeichnis, aufgenommen. Dieses kann auf der Website des Denkmalamts abgerufen werden.

Dass ein Gebäude denkmalgeschützt ist, wird auch im Grundbuch festgeschrieben – das sorgt für Rechtssicherheit. „Es gibt aber viele, die damit hadern und fürchten, dass ein Objekt damit entwertet wird und etwa schwerer verkäuflich ist. Unseren Erfahrungen nach ist das aber nicht der Fall“, sagt Euler-Rolle. Es seien damit auch keine weiteren Belastungen verbunden. „Der Denkmalschutz für ein Gebäude kann sogar wertsteigernd sein.“

Erscheinungsbild erhalten

Faktum ist aber, dass ein solches Gebäude nicht nach Lust und Laune umgebaut werden kann. „Wir stellen aber kein Gebäude unter einen Glassturz. Im Gegensatz zu den vielen Gerüchten, die über das Denkmalamt im Umlauf sind, verbieten wir niemandem, einen Nagel in die Wand zu schlagen“, sagt Euler-Rolle.

Wenn aber etwa Räume zusammengelegt, Durchbrüche geschaffen, Fenster getauscht werden, gelte es, dafür zu sorgen, „dass die Bausubstanz und das Erscheinungsbild keinen Schaden erleiden, sondern so weit wie möglich im ursprünglichen Zustand erhalten bleiben“. Wobei man sich dann durchaus um Zusammenarbeit bemühe: „Wir sehen uns als Anwälte der Denkmäler, uns ist aber auch wichtig, was der Eigentümer sagt. Alle Aspekte werden miteinbezogen.“

Noch einen häufigen Kritikpunkt spricht Euler-Rolle an: „Wir hören bei Gesprächen oft den Vorwurf, dass dem einen etwas verboten wird, was dem Nachbarn, dessen Haus ebenfalls unter Denkmalschutz steht, erlaubt wird. Es ist dann nicht immer einfach zu erklären, dass jedes Haus einzeln und individuell betrachtet wird.“ Was bei einem Gebäude an Veränderungen möglich sei, könne bei einem anderen möglicherweise tatsächlich nicht erlaubt werden. Er betont aber auch, dass man sich in den meisten Fällen einig werde: „Gesprochen wird ja immer nur über Konfliktfälle. Diese machen aber in Summe gerade einmal ein Prozent aus.“

Jeder kann Vorschläge machen

Und was passiert, wenn sich jemand nicht an die Vorgaben des Denkmalamts hält? „In einem solchen Fall wird die Bezirksverwaltungsbehörde eingeschaltet“, erläutert der Denkmalschützer. Es gebe Strafbestimmungen, in Wiederholungsfällen könne es auch zu Eigentumsbeschränkungen kommen. Zu einer Enteignung allerdings nicht: „Das ist in Österreich, im Gegensatz zu anderen Ländern, nicht möglich.“

Ein generelles Antragsrecht auf die Unterschutzstellung eines Gebäudes gibt es übrigens nicht. Lediglich der Landeshauptmann könne eine solche beantragen, erklärt der Experte. Die Behörde auf ein besonders Haus aufmerksam machen könne aber jeder, „was auch immer wieder passiert“. Damit sei allerdings keinerlei Rechtswirkung verbunden, „die Unterschutzstellung kann nur amtswegig erfolgen.“

Um die Bewertung der denkmalgeschützten Häuser transparenter zu machen und zu vereinheitlichen, gibt es zurzeit eine Kooperation mit der Donau-Universität Krems, bei der es um die „Standardimmobilienbewertung im Denkmalschutz“ geht. „Das Projekt läuft noch“, sagt Euler-Rolle. „Wir wollen damit unter anderem zeigen, dass die Unterschutzstellung eines Hauses durchaus auch wertsteigernde Wirkung haben kann.“

Fakt 1

Fakt 2

Tipp

Was Sie wissen sollten beim . . . Denkmalschutz

Verfahren. Über den Denkmalschutz für ein Objekt wird in einem amtswegigen Verfahren entschieden. Eine Antragstellung durch Privatpersonen, etwa durch den Eigentümer, ist nicht vorgesehen, dieser kann aber gegen eine Unterschutzstellung Einspruch erheben. Jedem ist es unbenommen, die Behörde auf ein schützenswertes Haus aufmerksam zu machen.

Folgen. Steht ein Haus unter Denkmalschutz, sind bauliche Veränderungen mit dem Denkmalamt abzustimmen. Die Planung für einen Umbau muss bei der zuständigen Bundeslandabteilung eingebracht werden, erst nach einer Bewilligung darf mit den Arbeiten begonnen werden. Wichtig ist, dass Eingriffe in die Bausubstanz und ins Erscheinungsbild gering gehalten werden.

Veranstaltung. Unter dem Motto „Schätze teilen – Europäisches Kulturerbejahr“ öffnen am 30. September in ganz Österreich zahlreiche denkmalgeschützte Bauten ihre Türen – von sanierten oder in der Sanierung befindlichen Häusern über Schlösser, Plätze und Gärten sowie Museen und Kirchen bis zum Bundesdenkmalamt selbst. Infos: www.tagdesdenkmals.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2018)

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