Damit alles ordentlich sitzt

Österreich 1986. Präsidentschaftswahlkampf. „Die Juden lügen einfach was daher!“, ruft einer auf der Straße. „Wer beherrscht denn die Welt?“, ruft ein zweiter. Doch es gab auch ein anderes Österreich. Ruth Beckermanns Dokumentation „Waldheims Walzer“:Notizen eines Zeitzeugen.

Die rot-weiß-rote Fahne mit dem Bundesadler auf dem Schreibtisch. Der leere Stuhl, auf dem Waldheim gleich sitzen wird. Er ist vorerst nur halb zu sehen, von der Kamera abgewandt, nur die Schulter, nur das Hosenbein eines Mannes im dunklen Anzug. Eine Putzfrau mit Besen geht von links nach rechts durchs Bild. „Jetzt kann uns nichts mehr passieren“, sagt eine (seine?) Stimme. In der Stichwahl haben ihn 53,9 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher zum Bundespräsidenten gewählt. „Wir kommen für die Kosten auf“, sagt die Stimme. (Ja, das ist seine!) Die Putzfrau kommt nun von rechts und verschwindet links. Endlich ist Waldheim ganz zu sehen, seine Hand greift nach der Stuhllehne. „So also“, sagt er, „probieren wir das einmal aus.“ Der richtige Sitz. Auch Sakko, Weste und Krawatte sollen richtig sitzen. Waldheims Hände, bemüht, dass alles ordentlich sitzt.

Dann taucht ein grauhaariger Herr auf und betupft Wangen, Nase, Stirn des Protagonisten mit Puder, allzu sehr glänzen soll er doch nicht. Mit einer kleinen, roten Bürste putzt er ihm Staubpartikel von Schultern und Revers. Noch einmal erscheint die Putzfrau und kehrt irgendetwas unter Waldheims Beinen weg. „So“, sagt er und legt die Hände auf die Löschunterlage. „I glaub, jetzt hammas.“

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