Die Buslinie 666

Die Buslinie 666 nach Helan Polens Ostseeküste erzürnt christliche Fundamentalisten.

Bis zum Oktober vorigen Jahres konnte man an Freitagen, die auf den 13. eines Monats fielen, mit dem Finnair-Flug AY666 von Kopenhagen nach Helsinki fliegen. Flug 666 nach HEL, und das noch dazu an diesem Datum: Für Abergläubische ein Albtraumerlebnis, im Grunde genommen jedoch bloß eine drollige Zahlen- und Buchstabenkombination. Aufgrund des Bedarfs nach mehr Flugrechten wegen des wachsenden Reiseaufkommens änderte Finnair die Nummer dieses Fluges, ihm ist als nunmehriger AY954 gleichsam ein aeronautischer Exorzismus widerfahren. Wer jedoch weiterhin, um mit der Rockband AC/DC zu sprechen, den „highway to hell“ bereisen will, kann dies an der polnischen Ostseeküste tun.

Dort verkehrt eine Buslinie mit der Nummer 666 – ihre Endstation ist die Halbinsel Hel, deren einziger Vokal kurz ausgesprochen wird, weshalb sie also auch wie „Hell“ klingt. Diese Linie gibt es mit dieser Nummer seit unbestimmter Zeit, nie rieb sich jemand daran. Doch in jüngerer Vergangenheit hat sich das geändert. Liegt es an der wachsenden Englischkenntnis der Polen? Jedenfalls agitiert eine Gruppe erzkonservativer christlicher Fundamentalisten für die Änderung der Busnummer und unterlegt dies mit recht apokalyptischen Warnungen von Seelenverdammnis und ähnlichen Unerfreulichkeiten.

Wir sind mit dem Bus 666 nach Hel im Zuge (haha, geschickte Pointe) unserer Sommerfrische gefahren – und was soll man sagen? Das einzig Satanische an ihm ist der Mangel an Klimaanlagen. In Sommern wie diesem leidet man dort tatsächlich Höllenqualen.

oliver.grimm@diepresse.com


Nächste Woche:
Karl Gaulhofer

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2018)

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