"Im Zentrum": Strache soll "sich brausen gehen"

Der Innenminister ließ sich entschuldigen. Er kam aus Termingründen nicht zur "Im Zentrum"-Diskussion über die E-Mail-Affäre.
Der Innenminister ließ sich entschuldigen. Er kam aus Termingründen nicht zur "Im Zentrum"-Diskussion über die E-Mail-Affäre.(c) Screenshot
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Im ORF wurde am Sonntag über den FPÖ-Umgang mit kritischen Medien und ein "unglaublich dämliches" E-Mail diskutiert. Thema: "Politik und Pressefreiheit".

Eines vorweg: Innenminister Herbert Kickl ließ sich aus Termingründen entschuldigen. Dabei kam der Anlass für die gestrige "Im Zentrum"-Diskussion direkt aus seinem Ressort: Seit das Innenministerium die Polizei-Pressestellen in einem E-Mail unter anderem dazu aufgefordert hat, sie sollten Informationen an "kritische Medien" beschränken, steht Kickl in der Kritik. Zunächst kamen bei Claudia Reiterer aber ohnehin Medienvertreter zu Wort, die die Gastgeberin vorige Woche bei den Medientagen in Wien befragt hatte. Ex-"Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann sagte bezüglich des E-Mails aus dem Ministerium, es sei "unglaublich dämlich, so etwas aufzuschreiben und dabei erwischt zu werden." Der Innenminister dürfe sich über die Reaktionen nicht wundern. Und "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner bemerkte launig: "Der Strache beschwert sich bei mir jeden zweiten, dritten Tag." Wie er darauf reagiert? "Er soll sich brausen gehen."

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger vermisste dann bei der TV-Diskussion zum Thema "Politik und Pressefreiheit - Der Kampf um Macht und Wahrheit" eine Distanzierung Kickls vom Inhalt des E-Mails. Kickl habe "eine rote Linie" überschritten, die Sache sei "schädlich für die gesamte Bundesregierung". Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) müsse die Konsequenzen ziehen, denn "man kann ja nicht sagen, das ist ein wild gewordener Innenminister". Ihr Fazit: Kickl sei rücktrittsreif. FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz war sichtlich um Deeskalation bemüht. Er betonte: "Ich weiß, dass Kickl die Grund- und Freiheitsrechte respektiert und erhalten möchte." In Richtung Kritiker meinte er: "Ein bisschen weniger Wehleidigkeit würde gut tun." Auch "Falter"-Herausgeber Armin Thurnher kann mit Kickls Beteuerungen in der Angelegenheit offenbar wenig anfangen: "Kickl beherrscht die Kunst, die Pressefreiheit gleichzeitig zu verteidigen und anzugreifen."

Schon Kreisky steckte Journalisten "eine Geschichte"

Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl assistierte den Skeptikern: "Ich glaube nicht, dass ohne Absegnung des Kabinetts so eine Mail in die Welt hinaus geht." Gleichzeitig meinte er aber auch, man müsse sich nicht allzu viele Sorgen um die künftige Informationspolitik der Polizei-Pressestellen machen, denn: "Es gibt so etwas wie die Vernunft im Apparat. Was sich dort oben abspielt, hat mit der täglichen Arbeit eines Pressesprechers nichts zu tun."

Thema war bei der Diskussion aber auch das Naheverhältnis zwischen Politik und Medien und die Frage, welche Medien von Inseraten profitieren, die über politische Kanäle gesteuert verteilt werden. Der stellvertretende "Krone"-Chefredakteur Georg Wailand meinte, es sei "ganz normal, dass die größte Tageszeitung des Landes mit dem Innenministerium in gutem Kontakt steht" - und erinnerte an den legendären SPÖ-Bundeskanzler Bruno Kreisky, der ihn auch öfter angerufen habe mit den Worten: "Ich hätte eine Geschichte für sie ..., aber nur, wenn's sie interessiert."

"Sie sind ja das sympathische Gesicht der ,Krone'"

Diskutiert wurde auch, dass in dem Innenministeriums-Mail dazu aufgefordert wird, künftig auf Herkunft und Aufenthaltsstatus von Verdächtigen hinzuweisen und Sexualdelikte verstärkt zu kommunizieren. Kreissl warnte davor, dass dadurch "ein völlig verzerrtes Bild" in der Öffentlichkeit entstehen könnte: "Es wäre Aufgabe einer verantwortungsvollen Politik, eher ein realistisches Bild hervorzuheben." Thurnher meinte, der FPÖ gehe es darum "Stimmung zu machen - oft in Kooperation mit der ,Kronen Zeitung'". Als Beispiel nannte Thurnher den Fall jenes Lehrlings, der fälschlich als Terrorsympathisant diffamiert wurde. Wailand gestand ein: "Es war ein Fehler". Man habe die Falschinformation später korrigiert. Aber nur auf Nachdruck, wie Thurnher einwarf: "Sie sind ja das sympathische Gesicht der ,Krone'. Sie sind der Gute. Es gibt aber auch andere, die hier nicht namentlich genannt werden, sonst wären sie noch stolzer. Und die geben zu, dass sie wegen der Klicks in sozialen Medien gerne auch solche Meldungen bringen."

Danach wurde noch über die Presseförderung und die "informelle Presseförderung" (Thurnher), also Regierungsinserate, diskutiert. Meinl-Reisinger konstatierte, Kickl würde es die Medien spüren lassen, die es sich mit ihm verscherzt haben: "Das wird ja auch schon beinhart gemacht - mit Inseraten: Keine Inserate in den von ihm als kritisch bezeichneten Medien." Es würden also "ganz offensichtlich jetzt schon Sanktionen gesetzt". Thurnher forderte, die Inserate müssten "fair und transparent" verteilt werden, denn: "Wir kriegen natürlich nichts."

Bei Claudia Reiterer diskutierten:

Walter Rosenkranz, FPÖ-Klubobmann
Beate Meinl-Reisinger, Parteivorsitzende der NEOS
Georg Wailand, stellvertredender Chefredakteur der "Kronen Zeitung"
Armin Thurnher, Herausgeber des "Falter"
Reinhard Kreissl, Kriminalsoziologe

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