Die designierte SPÖ-Chefin will nicht "eins zu eins" mit ihrem Vorgänger verglichen werden. Vom Wiener Bürgermeister Ludwig fühlt sie sich nicht "sexistisch schlecht behandelt".
Die offizielle Kür von Pamela Rendi-Wagner zur neuen Bundesparteivorsitzenden der SPÖ rückt ein Stück näher: Am Montag wird die 47-Jährige zur Klubvorsitzenden gewählt. Damit folgt die Medizinerin nicht nur Christian Kern nach, sondern übernimmt auch die Agenden des bisherigen geschäftsführenden Klubchefs Andreas Schieder. Die außertourliche Fraktionssitzung zu nutzen, um sich bei den Parteimitgliedern für das Chaos rund um Kerns Abgang zu entschuldigen, will Rendi-Wagner übrigens nicht. Denn: Sie sei bei den Vorgängen selbst „nur Passagierin“ gewesen, sagte sie in der „ZiB2“.
Zugleich hielt sie am Montagabend fest: „Man kann Christian Kern ja nicht eins zu eins mit mir vergleichen, nur weil wir den Titel Quereinsteiger habe.“ Sie sei Ärztin, habe immer den Menschen vor sich gehabt und das Gespräch gesucht. Kern hingegen „ist Manager gewesen und kein Arzt“.
"Ludwig hätte das auch über einen Mann gesagt"
Die Frage, wann Rendi-Wagner, die erst seit eineinhalb Jahren SPÖ-Mitglied ist, sich das erste Mal gedacht habe, sie könne Parteichefin werden, beantwortete sie folgendermaßen: „Ich bin vor eineinhalb Jahren in einer sehr schnellen Aktion gefragt worden, nach dem tragischen Tod von Sabine Oberhauser, ob ich in die Politik gehe als Ministerin für Frauen und Gesundheit – das war eine rasche Entscheidung, die ich aber sehr bewusst getroffen habe, weil ich das Leben der Menschen zum Positiven verändern will. Jetzt kam die Entscheidung in gleichem Maße schnell und für mich überraschend – und ich habe mir da zum ersten Mal Gedanken gemacht.“
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Berichte, wonach Kern angeblich schon im Mai das Gespräch mit ihr gesucht habe und ihr von seinem geplanten Abgang an der Parteispitze erzählt habe, beantwortete sie vage: „Dass Christian Kern tatsächlich zurücktritt – vor allem wie und wann – habe ich wahrscheinlich nicht viel länger gewusst, als wir alle.“ Einige Wochen davor habe er zwar Anmerkungen gemacht, „aber von Konkretem war da keine Spur“.
Ob Rendi-Wagner den Kommentar von Wiens SPÖ-Chef Michael Ludwig in ihre Richtung – „sie ist sehr sympathisch, telegen und kompetent“ – sexistisch finde? „Nein“, betonte die designierte Parteivorsitzende darauf. „Ich denke, er hätte das auch über einen Mann gesagt.“ Nachsatz: „Ich fühle mich von Michael Ludwig hier in keinster Weise sexistisch schlecht behandelt.“
Ob sie bis zur nächsten Nationalratswahl Parteichefin bleiben werde? Sofern sie einen positiven Beitrag für die SPÖ leisten könne, ja, meinte Rendi-Wagner dazu. Darauf konterte Moderator Armin Wolf, dass Kern das auch gesagt habe, es aber offenkundig nicht tue. Weshalb man nun also ihr glauben sollte? Rendi-Wagner kurz: „Weil ich nicht Christian Kern bin.“
Erste SPÖ-Bundesparteivorsitzende
Mit Pamela Rendi-Wagner bekommt die SPÖ - im 130. Jahr ihres Bestehens - ihre erste Bundesparteivorsitzende. Die quer eingestiegene Ärztin, die erst eineinhalb Jahre lang Parteimitglied ist, ist die zwölfte Parteivorsitzende seit Gründung der Partei Ende 1888/Anfang 1889.
Christian Kern geht dagegen nicht nur als kürzest amtierender Bundeskanzler, sondern auch als kürzest dienender SPÖ-Parteivorsitzender in die Annalen ein. 882 Tage bzw. zwei Jahre und fünf Monate war er dann Parteichef - und führte so als einziger die SPÖ keine 1000 Tage lang.
Den Amtszeitrekord der Zweiten Republik - nämlich 16,75 Jahre (6112 Tage) - hält Bruno Kreisky, der der SPÖ 1970 erstmals Platz eins bei Nationalratswahlen und den Kanzlerposten beschert hatte. Noch wesentlich länger waren die beiden ersten SPÖ-Vorsitzenden im Amt: Gründer Victor Adler blieb vom Gründungsparteitag 1888/1889 in Hainfeld bis zu seinem Tod am 11. November 1918 fast 30 Jahre lang an der Parteispitze. Danach übernahm Karl Seitz die Parteiführung und übergab sie formal erst zur Wiedergründung der Partei 1945 an Adolf Schärf.
Die durchschnittliche Amtszeit der elf SPÖ-Chefs seit 1945 betrug - den frühen Abgang Kerns eingerechnet - etwas über acht Jahre.
>>> Rendi-Wagner in der „ZiB2“
(hell/APA)