Sebastian Kurz zu Gast bei der „Supermacht“: Imperiale Kunst und ein Gas-Deal

Wladimir Putin und Sebastian Kurz eröffnen eine Ausstellung im früheren Zarenpalast
Wladimir Putin und Sebastian Kurz eröffnen eine Ausstellung im früheren Zarenpalastimago/ITAR-TASS
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Wladimir Putin und Sebastian Kurz eröffnen eine Ausstellung im Winterpalais. Doch eigentlich dominierte das Thema Energie: Die OMV kauft Gazprom-Anteile in Sibirien. Und Kurz und Putin halten am Pipeline-Projekt Nordstream 2 fest.

St. Petersburg. Bis zuletzt war nicht klar, worum es bei dem Treffen des Bundeskanzlers mit dem russischen Präsidenten eigentlich ging. Stand die Kultur im Vordergrund, wie die Ausstellungseröffnung in der Eremitage anklingen ließ? Ging es um Ost-West-Konfliktthemen, denen Österreich während seines EU-Vorsitzes besondere Aufmerksamkeit schenkt? Oder war der Grund der Visite das Abkommen zwischen Gazprom und OMV über eine Beteiligung am Urengoi-Gasfeld, dessen Geheimnis am späten Abend gelüftet wurde?

Intendiert war wohl die sorgsame Abmischung aller drei Ingredienzen. Am Schluss überwog dann doch die Energiepolitik. Damit war es ein sehr gefälliger Besuch. Für beide Seiten.

Kurz' viertes Treffen mit Wladimir Putin in diesem Jahr ging sehr herzlich und in einem imperialen Rahmen über die Bühne. Es fand im opulenten Winterpalast in Sankt Petersburg statt. Schaulustige hatten keine Chance: Die frühere Zarenresidenz, welche heute die Kunstsammlung Eremitage beherbergt, war am Donnerstag für Besucher geschlossen.

"Gemeinsame Sprache"

Der offizielle Grund für Kurz' Visite hängt im Zwölf-Säulen-Saal: Rund ein Dutzend Bilderpaare aus den Beständen des Kunsthistorischen Museums und der Eremitage. Die Ausstellung wird ab Freitag unter dem Motto „Kaiserliche Metropolen“ gezeigt und soll österreichisch-russische kulturelle Gemeinsamkeiten betonen. Bei der Eröffnung bezeichnete Kurz Kunst als die "gemeinsame Sprache der Völker". Die Bilderpaare stünden im Dialog miteinander – so wie Österreich und Russland, trotz mancher geopolitischer Differenzen. Zudem baue Kunst auf Ehrlichkeit und halte bisweilen der Politik einen Spiegel vor. "Ehrlichkeit ist manchmal provokant", so Kurz. "Aber im politischen Dialog unerlässlich." Ob der Gastgeber die Anspielung verstehen wollte?

Auf Russisch heißt die Ausstellung übrigens wörtlich „Imperiale Hauptstädte“. Imperiale Ansprüche formuliert Russland unter Wladimir Putin heute erneut. Das Land sieht sich als Weltmacht, zeitgemäß gesagt.

OMV-Chef Rainer Seele und Gazprom-Boss Alexej Miller waren nicht zufällig unter den Gästen: Sie sind Hauptsponsoren der Schau. Und die Gewinner des Abends: Die Konzernchefs unterzeichneten ein Abkommen über eine künftige Beteiligung der OMV von 24,98 Prozent am Urengoi-Gasfeld der Gazprom. Ursprünglich war auch eine Beteiligung der OMV an der norwegischen Tochter der OMV geplant gewesen. Doch aus Oslo gab es Widerstände gegen den Einkauf der Russen. Ein Assettausch ist nun nicht mehr vorgesehen.

Kurz sprach angesichts des Deals von einem "beiderseitigen Vorteil". Er bedankte sich beim Kreml-Chef für die zuverlässigen Gaslieferungen und lobte die Energiesicherheit für Österreich und ganz Europa. Putin und Kurz hielten am umstrittenen Projekt Nord Stream 2 fest. Es sei trotz drohender US-Sanktionen für europäische Unternehmen zukunftsträchtig, so der Tenor.

TV-Bilder für Putin

Von Putins Aufmerksamkeit können andere europäische Politiker nur träumen. Moskau betont gern die besondere, historisch gewachsene Freundschaft zu Österreich. Im Gegenzug erhielt Putin jene (Fernseh-)Bilder, die der Kreml in diesen unruhigen Zeiten so sehr benötigt.

Das einmütige Treffen im herrschaftlichen Ambiente des Zarenpalastes illustriert, was bewiesen werden soll: Dass Moskau trotz Ukraine-Krieg, Wahlmanipulation, Fake News und Skripal-Affäre (Putin nannte den russischen Ex-Spion gestern einen "Dreckskerl" und "Verräter") international nicht länger isoliert ist. Oder zumindest nicht völlig. Das Verhältnis zu Wien dient gewissermaßen als Vorbild: So hätte man es auch gern mit anderen Staaten.

Auf einen Blick

Für Wien bedeutet der gute Draht zum Kreml vor allem wirtschaftliche Vorteile. Man positioniert sich im Reigen der EU immer selbstbewusster als Brückenbauer. „Gerade mit Nachbarn, mit denen es Spannungen gibt, braucht es einen guten Dialog.“ Mit diesen Worten verteidigte Kurz am Mittwochabend sein viertes Treffen in diesem Jahr mit Putin. "Russland ist eines der größten Länder der Welt und eine Supermacht", sagte er. Putin dürfte das Wort "Supermacht" mit großer Freude vernommen haben. Denn als solche will der Kreml international gelten.Am Mittwoch traf Bundeskanzler Sebastian Kurz den russischen Präsidenten, Wladimir Putin, zum vierten Mal in diesem Jahr. Anlass war eine Ausstellungseröffnung in St. Petersburg. Im Arbeitsgespräch standen EU-Themen, Bilaterales und Energiefragen im Vordergrund. Kurz hatte zuvor die häufigen Treffen mit dem Verweis auf Wiens Dialogpolitik verteidigt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2018)

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