Hotelmarkt: Händeringende Suche nach Objekten

Hotels werden zunehmend hybrid genutzt: Die Lounge wird zum Coworking Space, die Lobby zum Kultur- und Partyraum, wie hier im Pop-up-Hotel Lovelace.
Hotels werden zunehmend hybrid genutzt: Die Lounge wird zum Coworking Space, die Lobby zum Kultur- und Partyraum, wie hier im Pop-up-Hotel Lovelace.(c) Thomas Kiewning
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Die brummende Weltwirtschaft und der Tourismusboom machen Hotels zu einer beliebten Investition. Vor allem Europa profitiert, hat aber zu wenig passende Immobilien.

Reinkommen, entspannen! Was für Hotelgäste gilt, lassen sich Investoren zurzeit nicht einmal träumen. Die Assetklasse Hotel ist stark nachgefragt, von Entspannung keine Spur.

„Vor allem der europäische Markt steht hoch im Kurs“, bestätigt Lukas Hochedlinger, Managing Director Central & Northern Europe, beim unter anderem auf Hotellerie spezialisierten Immobilienberater Christie & Co. 671Millionen Menschen kamen im Vorjahr nach Europa, dreimal mehr als nach Amerika. Damit wächst die Nachfrage in Europa viermal so stark wie der globale Markt. Das heizt den ohnehin schon eifrigen Markt für Hotelinvestments und den Betrieb der Häuser an. In den vergangenen zehn Jahren hat sich das Transaktionsvolumen in Europa verdreifacht, für heuer rechnet man beim globalen Immobilienberatungsunternehmen JLL mit einem Volumen von 22 Milliarden US-Dollar (rund 19 Milliarden Euro) für Europa. Institutionelle Käufer wie Around Town, die französischen Covivio oder Brookfield aus Kanada haben zuletzt große Deals in Deutschland gemacht. „Nicht nur die Immobilienfonds werden mehr, wir sehen aufgrund weiterhin attraktiver Renditen auch eine vermehrte Investition von Pensions- und Versicherungsfonds in Hotelimmobilien“, erklärt Moritz Dietl, geschäftsführender Partner der Treugast Solutions Group.

Der Druck wächst

Also gibt es bei Hotels die gleichen Probleme wie in anderen Assetklassen auch: Viel Geld wäre da, es fehlen die Objekte. Die Experten beobachten deswegen auch schon ein Ausweichen der Projektentwickler und Investoren in B-Standorte. Manche Hotelmarken gehen durchaus in die Peripherie, internationale Luxusketten wollen aber vor allem die weißen Flecken auf der Landkarte der Touristenhotspots besetzen.

Das ist auch der Grund, warum nach wie vor große und kleine Marken in Städten wie Wien eine Dependance aufmachen wollen. „Verpächter profitieren derzeit vom enormen Druck der Hotelgesellschaften zu wachsen“, sagt Martin Schaffer, Partner beim Beratungsunternehmen MRP. „Überspitzt formuliert gibt es in Wien fast kein Objekt, das nicht verpachtbar ist.“ Auch viele Budget- und Midscale-Marken streben nach Expansion, sowohl die Markengeber als auch die laut Lukas Hochedlinger immer mehr werdenden stillen Betreiber („White Label Operators“) suchen händeringend nach Projekten.

Konzepte werden bunter

Weitere Konsequenz des Hotelbooms: Die Konzepte werden vielfältiger. Das biedere Hotel war gestern. Klar, klassische Marken wie Hilton und Co. bleiben beim gewohnt-gediegenen Standard, „wir sehen aber immer buntere Konzepte. Lifestyle wird zum Mainstream“, sagt Hochedlinger und verweist auf Marken wie Jaz in the City von Steigenberger, Room Mate aus Spanien, NIU von Novum, 25hours oder Mama Shelter von Accor. Außerdem muss nicht ausschließlich Hotel drinnen sein, wenn es außen draufsteht. „Es gibt immer mehr gemischte Nutzungen, bei denen sich Hotel mit Retail, mit Langzeitwohnen oder – aktuell besonders beliebt – mit Coworking vermischt“, sagt Martina Maly-Gärtner, Chief Operating Officer bei Arabella Hospitality SE. „Solche Büroflächen können ideal an die öffentlichen Zonen des Hotels angeschlossen und tage- oder wochenweise vermietet werden“, erklärt sie. „Verschiedene Bereiche stehen dort zur Verfügung: eine ruhige Zone für Telefonate, ein Meetingraum oder einfach nur eine Computerstation.“ Wobei der Serviceaspekt für all das vom Hotel abgedeckt werden könne.

Kunst trifft auf Kommerz

Wenn kein Coworking auf Teilflächen stattfindet, versuchen die meisten trendigen Hotels ihre Lobby in anderer Art zu bespielen. „Die repräsentative Lobby ohne echte Funktion ist out. Moderne Betreiber wollen lebendige, multifunktionale Flächen, hier ein Gemeinschaftstisch, dort eine Bar, da ein Loungebereich“, analysiert Wolfgang Reicht von Wolf Reicht Architects, der gerade ein Hotel in Hallstatt und den Umbau des Sauerhofs in Baden plant. „Die Räume und das Interieur werden vielfältiger“, bestätigt er. Bei manchen setze sich der Self-Check-in durch, und „bei Hotels wie dem Sauerhof geht es um puren Luxus, hier stehen Entspannung und Großzügigkeit im Vordergrund“.

Besonders mutige Konzepte gehen sogar noch weiter und vermischen Pop mit Politik, Kunst mit Kommerz und Gesellschaft mit Individuum – das ist zumindest der Anspruch des Pop-up-Hotels Lovelace in München. Barbershop, Boxstudio, Geschäfte, Eventflächen, Arbeitsbereiche und, ach ja, auch Hotelzimmer vereint das Projekt auf Zeit in den Hallen der ehemaligen königlichen Filialbank in München. Und in genau dieser Stadt werden bei der Expo Real wieder Investoren, Betreiber und Developer neue Deals aushecken. Neben den klassischen Ländern macht Hochedlinger auch neue Zielgebiete aus: „Wir bemerken aktuell opportunistische Investoren, für die auch Griechenland und die Türkei wieder interessant werden.“

LEXIKON

Kennzahl RevPAR. Wer wissen will, ob ein Hotel gut läuft oder nicht, sollte nicht allein nach der Auslastung fragen. Denn diese sagt noch nichts über den Umsatz und über den Gewinn aus. Eine wesentliche Kennzahl ist der RevPAR (Revenue Per Available Room: Ertrag pro vermietbarem Zimmer). Vergleicht man die europäischen Länder, zeigt sich, dass die höchsten Wachstumsraten in Osteuropa liegen. Hier ist der durchschnittliche RevPAR um 10,8 Prozent gewachsen. Das liegt deutlich über dem Zuwachs von Gesamteuropa von durchschnittlich 5,6 Prozent, weiß man bei Engel & Völkers Hotelconsulting. Ebenfalls deutlich gestiegen ist der RevPAR in Südeuropa mit 9,5 Prozent.

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