Hybride Türme, radikale Digitalisierung

Zur Expo Real werden rund 2000 Aussteller und 42.000 Besucher erwartet.
Zur Expo Real werden rund 2000 Aussteller und 42.000 Besucher erwartet.(c) DMV
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Ist die Party bald zu Ende? Nein, sagen Experten, es gebe neue Highlights. Auf Europas größter Fachmesse für Immobilien und Investment werden gemischt genutzte Bauten, Wohnen, die Silver Society und neue Tools thematisiert.

Brexit? Da war doch was. Im vergangenen Jahr, oder in dem davor? Egal. „Die Immobilienwirtschaft lässt sich von Diskussionen um internationale Zölle und Verschuldung bislang nicht verunsichern“, meint Klaus Dittrich von der Geschäftsführung der Messe München, wo von 8. bis 10. Oktober die Expo Real stattfinden wird. „Ist die Party wirklich zu Ende, wie die ,Immobilien Zeitung‘ kürzlich geschrieben hat, oder ist nur das Gipfelkreuz in Sicht?“, fragt Herbert Logar, geschäftsführender Gesellschafter von Adeqat. Offensichtlich ist es das Gipfelkreuz. Trotz geopolitischer Spannungen, Handelskonflikten und internationaler Verschuldung gehen laut Expo-Vorabumfrage 65,9 Prozent der Befragten für 2019 „von positiven Verhältnissen aus“, so Dittrich: „Die Branche ist optimistisch.“

Wohnen als Favorit: Laut Online-Umfrage gelten als besonders attraktive Segmente für Investitionen: Wohnen, Logistik- sowie Gesundheits- und Pflegeimmobilien – und gemischte Nutzung. Büroimmobilien stehen weniger im Fokus. Für Richard Buxbaum, Leiter Immobilienvermarktung Wohnen und Zinshäuser bei Otto Immobilien kommt die Nachfrage nicht unerwartet. „Das war eine logische Schlussfolgerung nach den Ereignissen vor zehn Jahren, dass man sich mehr mit Wohnen beschäftigen muss.“ Die internationalen Fonds haben dazu einige Zeit gebraucht. Jetzt dafür umso mehr: Die Investitionszahlen in Europa sprechen dafür. Buxbaum: „Immer mehr Investoren schauen sich um, wie Wohnimmobilien auf den jeweiligen Märkten funktionieren.“

Hybride Türme: Diese Situation wird von der starken Entwicklung von Hybridmodellen, vornehmlich Türmen, begleitet. Hier finden Büro, Hotel, Wohnen und Infrastruktur eine Vermischung. So hat die Commerz Real um kolportierte 700 Mio. Euro den OmniTower in Frankfurt gekauft, eine Mischung aus Büro und Wohnturm: „Vor zehn Jahren hätte niemand gedacht, dass diese Kombination von Mietern und Investoren nachgefragt wird“, meint Henning Koch, Leiter des Bereichs Transactions bei der Commerz Real: „Urbanes Wohnen kombiniert mit Arbeiten und guter Infrastruktur ist der Trend der kommenden Jahre, diversifizierte Gebäude mit Service sind die Zukunft.“ Unter Service versteht Koch, „dass wir einen Großnutzer haben und dazu Büromöglichkeiten für Start-ups und Coworking Spaces.“ In den USA – immer einen Schritt voraus – mieten Unternehmen neben Büroflächen Wohnungen für Mitarbeiter.


Logistik und Gesundheit: Gegenwärtig verzeichnen Logistikimmobilien als Anlageklasse die stärksten Zuwächse im Vergleich zu allen anderen Immobiliensegmenten. Gesundheits- und Pflegeimmobilien zählen zu den interessantesten Assets, so Walter Eichinger, Geschäftsführer von Silver Living: „Europa entwickelt sich zu einer ,Silver Society‘, in der der 50. Geburtstag die Mitte des Lebens markiert.“ Betreuungs- und Pflegekonzepte zeigen die Aufhebung der strengen Trennung von ambulant und stationär. Wie bei Wohnen und Arbeiten sind auch hier Hybridmodelle auf dem Vormarsch.
Stadtquartiere: Experten aus aller Welt können überall arbeiten – daher möchte man ihnen Arbeit und Aufenthalt so schmackhaft wie möglich machen. Die Städte positionieren sich, und es sind nicht nur Metropolen, die um Mieter werben. Ambitionierte Stadtentwicklungsprojekte gibt es auf der Expo Real auch aus der lettischen Hauptstadt Riga oder dem Fürstentum Andorra zu sehen.

Digitalisierung: Wie radikal wird digital? Das fragt die Expo Real, und die Antwort kann nur lauten: Sehr radikal. „Digitalisierung, Digitalisierung, Digitalisierung“, beschriebt Roland Schmid, geschäftsführender Gesellschafter von IMMOunited, die Entwicklung: „Man braucht laufend neue Inputs.“ Beeindruckt von der Geschwindigkeit zeigt sich Matthias Rant, Geschäftsführer von docu tools: „Die Digitalisierung öffnet immer neue Türen.“ Seine Idee der docu tools zur Feststellung von Baumängeln oder als Baudokumentation „ist mittlerweile zu eng gefasst. Ein Kommunikationstool über das ganzes Gebäude, am besten in Echtzeit, dorthin geht der Weg“, ist Rant überzeugt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2018)

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