Logistik: Investorenansturm auf Lagerräume

Begehrtes Gut: leicht bedienbare Lagerräume und -hallen boomen derzeit in Europa.
Begehrtes Gut: leicht bedienbare Lagerräume und -hallen boomen derzeit in Europa. (c) BIG SHOT Foto+Film KG, Graz (Christian Jungwirth)
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Wenn der Onlinehandel wächst, werden Warenlager immer wichtiger. Das ist aber nicht der einzige Grund für den Boom auf diesem Markt.

Logistikimmobilien fristeten lange Zeit ein Dasein als Nischenprodukt für Spezialisten. Zuletzt haben sie jedoch immer mehr Investoren angesprochen: Allein 2017 wurden in Europa rund 40 Milliarden Euro in die Assetklasse investiert, das entspricht einem Anstieg von mehr als 60 Prozent gegenüber 2016. Auch die 12,3 Milliarden Euro, die im ersten Halbjahr 2018 in europäische Logistikimmobilien flossen, können sich sehen lassen. Immerhin liegt das Transaktionsvolumen um fast 50 Prozent über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre.

„Europäische Logistikimmobilien sind unter institutionellen Investoren derzeit sehr begehrt, was zu spürbaren Wert- und Preisanstiegen geführt hat“, sagt Stephan Riechers, Leiter Investment-Management Logistik bei der Union Investment Real Estate GmbH. Er berichtet von einer hauseigenen Umfrage unter 151 professionellen Immobilieninvestoren aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien zu Jahresbeginn: Dabei hätten 53 Prozent der Befragten angegeben, dass sie im Logistiksegment das größte Wertpotenzial unter allen gewerblichen Nutzungsarten sehen. „Diese Prognose hat sich im Jahresverlauf bestätigt“, sagt Riechers.

Warentransport nimmt zu

Aber was macht die Assetklasse so attraktiv für Investoren? Ein Pluspunkt ist sicher die gute Performance der vergangenen Jahre. Eine aktuelle Studie von Catella Research bestätigt, dass der europäische Logistikmarkt von der globalen Konjunkturerholung gestärkt wurde. Die Nachfrage der Unternehmen nach modernen Logistikflächen in großstädtischen Ballungsräumen werde vom technologie- und E-Commerce-getriebenen Konsum beflügelt. Auch für Andreas Liebsch, Geschäftsführer von Go Asset Development, ist der rasant steigende Anteil des E-Commerce im Einzelhandel ein Treiber der starken Investorennachfrage. Er nennt noch einen weiteren: „Die Globalisierung hat in den vergangenen zehn, 15 Jahren noch stärker an Dynamik gewonnen, damit ist auch der Warentransport gestiegen.“

Dazu kommen die guten Renditeaussichten: Laut der Catella-Studie, für die 113 Logistik-Cluster in 20 europäischen Ländern analysiert wurden, liegt die durchschnittliche Spitzenrendite in Europa bei 6,1 Prozent. Davon können etwa Investoren mit Fokus auf Büro- oder Wohnimmobilien nur träumen. Besonders attraktiv ist die nordfinnische Stadt Oulu, wo eine Nettospitzenrendite von 9,25 Prozent – die aktuell höchste in Europa – lukriert werden kann. Was die Mietpreise betrifft, ist Greater London rund um den Flughafen Heathrow mit einem Quadratmeterpreis von 15,75 Euro das teuerste Logistikpflaster Europas.

Und was suchen Investoren konkret? Moderne Logistikimmobilien, die, wie Liebsch erklärt, „sehr viele Nutzergruppen abdecken müssen“. Das setze unter anderem eine Bodentragkraft von mindestens fünf Tonnen pro Quadratmeter und eine Raumhöhe von rund 10,5 Metern voraus, weiters Säulenraster für maximale Flexibilität, eine ausreichende Zahl an Dockingstationen, Unterteilungsmöglichkeiten – Stichwort: Drittverwertbarkeit. Ebenfalls unverzichtbar: eine hohe Gebäudeeffizienz sowie eine sehr gute Anbindung ans Straßenverkehrsnetz.

Das höchste Transaktionsvolumen verzeichnete im ersten Halbjahr 2018 der britische Logistiksektor mit 3,6 Milliarden Euro, gefolgt vom deutschen mit rund drei Milliarden Euro, so Catella Research. Deutschland weist zudem mit rund 25 Logistikregionen die mit Abstand höchste Dichte an Clustern innerhalb Europas auf, den zweiten Platz belegt Großbritannien mit acht. Gleich dahinter rangieren Frankreich und Spanien.

Leerstand unter fünf Prozent

Die Entwicklungspipeline ist in Europa derzeit prall gefüllt: Laut dem Immobilienberater Jones Lang LaSalle befinden sich – angeführt von Deutschland, Polen und Frankreich – mehr als 15 Millionen Quadratmeter an Logistikflächen in Bau. Davon werden rund drei Viertel „built to suit“ – auf die Bedürfnisse bestimmter Nutzer zugeschnitten – realisiert. Durch das vergleichsweise geringe Angebot an spekulativ errichteten Flächen und die starke Neuvermietungsleistung ist die Leerstandsrate in Europa Ende des zweiten Quartals auf unter fünf Prozent gefallen.

In einigen großen Logistikmärkten zeigt sich zudem eine Entwicklung, die künftig das Angebot an modernen Flächen einschränken und auf längere Sicht zu steigenden Mietpreisen führen könnte: Vor allem in Ballungsräumen werden geeignete Grundstücke zur Mangelware. „Dazu kommt, dass große Logistikprojekte oft politisch nicht gewollt sind“, sagt Liebsch. Dabei bestehe – nicht nur in Wien – „ein großer Bedarf an Logistikimmobilien in sehr zentralen Lagen, um die Auslieferung von E-Commerce-Ware zu gewährleisten“.

Das bestätigt auch Thomas Bayerle, Head of Group Research bei Catella: „Die anhaltende Dynamik auf der Nachfrageseite – sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich – wird das strukturelle Wachstum des europäischen Logistikmarkts in den kommenden Jahren weiter treiben“, ist er überzeugt.

AUF EINEN BLICK

Hohe Renditen, hohe Mieten.Catella Research hat im Rahmen einer Studie 113 Logistik-Cluster in 20 europäischen Ländern analysiert. Demnach liegt die durchschnittliche Spitzenrendite für Logistikimmobilien in Europa bei 6,1 Prozent. Spitzenreiter ist die nordfinnische Stadt Oulu, für die der Bericht eine Nettospitzenrendite von 9,25 Prozent ausweist. Die höchsten Mietpreise – 15,75 Euro pro Quadratmeter – werden in Greater London rund um den Flughafen Heathrow verlangt.

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