Wohnimmobilien: Ein boomender Markt, von London bis Vilnius

Im Visier der Investoren? Vilnius weist (noch) die günstigsten Wohnimmobilien auf.
Im Visier der Investoren? Vilnius weist (noch) die günstigsten Wohnimmobilien auf.(c) APA/AFP/JANEK SKARZYNSKI (JANEK SKARZYNSKI)
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Der anhaltende Run auf Wohnungen und Häuser in den europäischen Großstädten zeigt Auswirkungen auf die Renditen. Warnungen vor einer Marktüberhitzung sind bereits zu hören.

Auf dem Wohnimmobilienmarkt zeigt sich in ganz Europa eine ähnliche Entwicklung: Man muss unterscheiden, ob es um Wohnungen als Privatinvestment oder Immobilien für institutionelle Investoren geht. „Für Letztere ist die Assetklasse Wohnen ein immer stärker nachgefragtes Produkt“, sagt Elke Kürzl-Tronner, Leiterin Wohnimmobilien bei Colliers International in Wien.

Neben der demografischen Entwicklung, die zu hoher Nachfrage und Bautätigkeit führt, liege das auch daran, „dass die Renditen bei Büroobjekten immer niedriger werden“. Im Fokus stehen dabei auch Ballungszentren abseits der Bundeshauptstädte, in Österreich etwa Graz. Kauften hier bis vor wenigen Jahren vorwiegend regionale Investoren Wohnprojekte, greifen nun auch deutsche Fonds zu.

Und bei Wohnungen als Privatinvestment? Da sind es vor allem asiatische Kunden, die nach Europa drängen und Luxusimmobilien kaufen. Sie lösen die in letzter Zeit schwächelnden russischen Investoren ab. Objekte in Zentrumsnähe werden von diesen Käufern bevorzugt, „entscheidendes Argument ist aber die Infrastruktur“, sagt Kürzl-Tronner. „Ist sie gegeben, kommen durchaus auch Randlagen oder weniger attraktive Regionen infrage.“

Der Immobilieninvestmentspezialist Catella untersucht regelmäßig Europas Wohnungsmärkte und bildet die Ergebnisse auf einem „Market Tracker“ ab. Für die Wohnungskarte 2018 wurden 59 Städte in 19 europäischen Ländern unter die Lupe genommen. Die günstigsten Eigentumswohnungen gibt es demnach in Vilnius, der Hauptstadt von Litauen, während man in London und Zürich am tiefsten in die Tasche greifen muss.

Renditen werden nicht steigen

Zürich findet sich unter den Städten mit der niedrigsten Rendite (2,20 Prozent), nur übertroffen von Stockholm mit 1,5Prozent. Die höchsten Renditen hat Polen zu bieten: etwa Krakau mit 7,44 Prozent und Warschau mit 6,15 Prozent. Die durchschnittliche europäische Rendite beträgt 3,97 Prozent. Und noch etwas geht aus dem „Market Tracker“ hervor: Mit steigenden Renditen sollte man in keiner europäischen Stadt rechnen.

Eines der attraktivsten Länder aus Sicht der Investoren ist derzeit Deutschland. Laut einer aktuellen Studie der Immobilienberatungsgesellschaft Bulwiengesa sind allerdings die Preise für Wohnimmobilien in den Großstädten überdimensional stark gestiegen. In sogenannten A-Standorten liegt die erzielbare Rendite für Core-Immobilien nur noch zwischen 1,9 und 2,6 Prozent. Selbst in B-Städten, in denen geringere Nachfrage und höheres Investmentrisiko bislang für attraktivere Renditen gesorgt haben, ist das Niveau unter die Drei-Prozent-Marke gerutscht. Damit liegen die Wohnimmobilienrenditen im Schnitt nur knapp über der Inflation. Es gibt bei solchen Investments kaum noch Wertsicherung.

Index für eine Bubble

Droht gar die Bildung einer Preisblase? Um dieses Risiko auszuloten, hat die Schweizer Großbank UBS den Global Real Estate Bubble Index entwickelt, einen weltweiten Immobilienblasenindex, der die Wohnimmobilienpreise einzelner Städte anhand wichtiger Kennzahlen vergleicht. Zum Beispiel den Kaufpreis im Verhältnis zum Einkommen oder zur durchschnittlichen Miete. Demnach gibt es tatsächlich Anlass zur Sorge: In fast allen großen Städten der Industriestaaten ist der Immobilienmarkt überbewertet. Am höchsten ist die Gefahr in Hongkong, danach folgt bereits München. In Frankfurt wiederum wurde der im Vergleich zum Vorjahr stärkste Preisanstieg innerhalb Deutschlands ermittelt. Unter den Top Ten der Risikokandidaten sind auch London und Amsterdam.

Und wie steht es um den heimischen Wohnimmobilienmarkt? Im internationalen Vergleich liegt das Preisniveau im Durchschnitt. Immobilienring-Präsident Georg Spiegelfeld: „Wenn Lage und Preis-Leistungs-Verhältnis passen, gibt es hier kaum unattraktive Regionen.“ Die Landeshauptstädte boomen, Ferienregionen wie Kitzbühel, Salzkammergut, Wörthersee und Neusiedler See seien im Aufwind. Schwer hätten es lediglich ländliche Gebiete, in denen es an Arbeitsplätzen, Ausbildungsmöglichkeiten und Infrastruktur mangle. In welche Objekte Investoren am liebsten ihr Geld stecken, hänge davon ab, welche Ziele sie verfolgen, sagt Spiegelfeld: „Suchen sie Wohnungen, die sie vermieten können, sind gute Lagen in Städten zu vernünftigen Kaufpreisen gefragt.“ Laut einem Marktbericht des Immobiliendienstleisters CBRE wurden in Wien im ersten Halbjahr 2018 rund 2,3 Mrd. Euro in den Immobilienmarkt investiert, etwas weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Mit 30 Prozent entfällt jedoch ein großer Brocken auf Wohnimmobilien, nicht zuletzt dank deutscher Investoren. „Sie konzentrieren sich vor allem auf den Wohnungsmarkt“, sagt Georg Fichtinger, Head of Investment Properties CBRE.

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