Schiffsreisen: Die wichtigsten Entwicklungen

Die neuen Expeditionsschiffe von Hapag-Lloyd Cruises, Hanseatic Nature und Hanseatic Inspiration.
Die neuen Expeditionsschiffe von Hapag-Lloyd Cruises, Hanseatic Nature und Hanseatic Inspiration. (c) Hapag-Lloyd Cruises
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Die boomende Kreuzfahrtbranche wird durch neue Schiffe, darunter zunehmend Expeditionsschiffe, und neue thematische Angebote noch weiter befeuert. Flusskreuzfahrten steigern ihr aktives Image.

Kaum ein Segment im Tourismus entwickelt sich stärker als Kreuzfahrten. 2017 galt, so belegt es das deutsche Statistikportal Statista, als Rekordjahr, noch nie wurden weltweit mehr Schiffsreisen gebucht. Das heurige Jahr wird, so zeichnet es sich ab, diesem um nichts nachstehen, im Gegenteil. Einerseits haben neue Kunden – eine jüngere Klientel, der klassische Pauschalurlauber und der Vielreisende – diese Urlaubsform entdeckt; manche Schiffsreise ist inzwischen mehr als familientauglich. Andererseits ist die Angebotsvielfalt der einzelnen Kreuzfahrtunternehmen nahezu überbordend geworden. Was dazu führt, dass der potenzielle Passagier sich nicht bloß für eine Kreuzfahrt entscheiden muss, um glücklich zu werden, sondern er muss das richtige Schiff und die richtige Destination für die gewünschte Art der Urlaubsgestaltung innerhalb eines kalkulierten Budgets finden. Das macht Kreuzfahrten zu einem beratungsintensiven Produkt, das viele (wieder) ins Reisebüro führt. Bei Ruefa etwa gelten 300 Mitarbeiter als sogenannte Cruise-Champions und haben eine spezielle Ausbildung zum Thema Kreuzfahrten absolviert.

Das Theatrium auf der Aida Nova.
Das Theatrium auf der Aida Nova. Aida Kreuzfahrten

Laut Ruefa-Reisekompass 2018 hat bereits jeder fünfte Österreicher eine Schiffsreise unternommen, jeder zweite kann sich einen Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff durchaus vorstellen. Wobei es laut Reiseveranstalter auch zu überlegen gilt, dass Kreuzfahrtunternehmen gezielt Gäste aus ihren Herkunftsländern ansprechen. Auf den Schiffen von den in Hamburg beheimateten Hapag-Lloyd Cruises und Tui Cruises oder etwa Aida Kreuzfahrten bewegt sich der österreichische Gast unter mehrheitlich deutschsprachigem Publikum, während er etwa auf den Costa-Schiffen auch auf mehr italienische Passagiere trifft und bei Norwegian Cruise Line auf ein internationales beziehungsweise amerikanisches Publikum.

Für viele heimische Kreuzfahrt-Anhänger geht es anfangs zu den Klassikern: ins westliche und östliche Mittelmeer. Sind Reisende auf den Geschmack gekommen, wagen viele weitere Routen, exponiertere Destinationen, längere Verweildauer und thematische Fahrten. Die große Nachfrage wird in den nächsten Jahren mehr als bedient. Und bei aller Auswahl der Landgänge und Besichtigungsprogramme der Veranstalter ist das Schiff eines: die Destination.

Neue Schiffe aktuell . . .

Im Entstehen: Eisbrecher Le Commandant Charcot von Ponant.
Im Entstehen: Eisbrecher Le Commandant Charcot von Ponant. Ponant/Stirling Design

Heuer macht sich der Nachschub an Schiffen deutlich bemerkbar: Mittlerweile hat das neueste Schiff aus der Aida-Flotte seine erste Kurzreise aus der Werf und nach der Taufe hinter sich. Geplant ist die Ãœbernahme der Aida Nova am 15. November in Bremerhaven. Und Mitte Dezember startet sie zur ersten Kreuzfahrt mit dem Ziel Kanaren und Madeira.

Einige Monate bereits liegt die Indienststellung der Mein Schiff 1 zurück. Die Neuversion hatte den gleichnamigen Vorgänger ersetzt, der vor über zehn Jahren bereits gebraucht erworben worden war. Mein Schiff 1 ist zudem größer die anderen aus der Mein-Schiff-Range: Bei einem Plus von 20 Metern erhöht sich das Platzangebot für die maximal 2894 Gäste.

Extragroße Laufdistanz auf Mein Schiff 1
Extragroße Laufdistanz auf Mein Schiff 1Tui Cruises

Eine eigene Dimension stellt die Symphony of the Seas von Royal Carribean International dar, die seit dem Frühjahr mit bis zu 6870 Passagieren unterwegs ist. Als größtes Kreuzfahrtschiff der Welt löste sie die Harmony of the Seas, ebenfalls zur Oasis-Klasse gehörig, ab. Bei Norwegian Cruise Line wiederum erweiterte sich die Flotte um die neue Norwegian Bliss, mit der die Kreuzfahrtreederei zunehmend den europäischen Markt anpeilt. Für die sechs Schiffe von NCL hat das auch starke Routenänderungen in den nächsten Jahren zur Folge. Und als einer der größten Player auf den Weltmeeren legte die Carnival Cruise Line heuer mit der Carnival Horizon zu. MSC wiederum erweitert seine Flotte um die MSC Seaview im Zuge mehrer Neubauten in den nächsten Jahren.

. . . und in nächster Zukunft

Kartbahn auf der Norwegian Bliss.
Kartbahn auf der Norwegian Bliss.2017 Spine 3D/Norwegian Cruise Line

2019 wird ein intensives Jahr für Werften, Reedereien, Behörden, Veranstalter, Vermarkter und vor allem auch für die treue Kreuzfahrtklientel, denn es kommt eine ganze Generation an neuen Schiffen auf den Reisemarkt. Nicht alle Neubauten sind Ersatz für in die Jahre Gekommenes, sondern viele sind eine Erweiterung des Portfolios der einzelnen Kreuzfahrtgesellschaften auf einem schnell wachsenden Markt. Und einem, auf dem sich die Marken immer weiter ausdifferenzieren. Die neue Mein Schiff 2 liegt gerade in der Werft zwecks Ausbau der Innen- und Außenbereiche. In der Dimension gleicht Mein Schiff 2 der bereits fertiggestellten Mein Schiff 1. Die „alte“ 2 bleibt Teil der Flotte und wird unter neuem Namen unterwegs sein. Die Taufe des neuen Schwesternschiffs der Mein Schiff 1 wird am 9. Februar in Lissabon stattfinden.

Große Erwartungen betreffen auch die Erweiterung der exklusiven Expeditionsschiff-Liga von Hapag-Lloyd Cruises. Mit der Hanseatic Nature und der Hanseatic Inspiration befinden sich derzeit zwei Schiffe in Bau, die sowohl die nördlichen und südlichen Eisregionen, als auch tropische Flussgewässer wie den Amazonas befahren werden. Aktuell liegt die Hanseatic Nature, die am 12. April in Hamburg getauft wird, in der Vard-Langsten-Werft in Alesund. Die Hanseatic Inspiration wird ein halbes Jahr darauf ihren Kurs zu den weißen Flecken auf der Landkarte aufnehmen. Maximal 230 Gäste (bei Antarktis-Reisen limitierte 190) haben auf den beiden Expeditionsschiffen Platz, die über die höchste Eisklasse für Passagierschiffe (PC6) verfügen. 2021 soll schließlich noch die Hanseatic Spirit die Hapag-Lloyd-Flotte aus kleinen und modernsten Expeditionsschiffen erweitern.

Auf dem Sektor Expeditionen mischt auch die französische Reederei Ponant bis 2021 mit einem Eisbrecher mit. Weil es im Trend liegt, in die unerforschten Regionen der Welt vorzudringen, verdichtet sich das Angebot für Reisen in die Antarktis und die Arktis. Bei den großen Schiffen sorgen unter anderem die Norwegian Encore von NCL oder die Sky Princess von Princess Cruises sowie Neubauten bei Carnival für Nachschub. Bei Costa herrscht in den nächsten Jahren ebenfalls Hochbetrieb, zumal bis 2021 vier Schiffe in Betrieb genommen werden. Im Oktober 2019 ist dann für das erste, die Costa Smeralda, Premiere.

Umweltfragen

In der jüngsten Zeit wurden Kreuzfahrtschiffe speziell unter Umweltgesichtspunkten diskutiert, sei es im Zusammenhang mit Overtourism, mit exponierten Klimazonen, mit Umweltbelastungen. Neue Schiffe steigen zunehmend von Schweröl auf schadstoffarmes Flüssiggas um. Die neue Aida Nova steht für eine Kreuzschifffahrt mit diesem alternativen Antrieb. Bei der Costa Smeralda wird ebenso der Einsatz von Flüssiggas angekündigt.

Bei Hapag-Lloyd wird auf Schweröl während der Fahrt durch die Arktis verzichtet. Schiffe wie die Europa 2 sind mit einem SCR-Katalysator ausgestattet. Zu den notwendigen Maßnahmen, wie sie etwa auch im „Nabu-Kreuzfahrtranking“ aufgeführt sind, zählen unter anderem die Nutzung von Landstrom im Hafen sowie der Einbau von Scrubbern zur Abgasentschwefelung, abgesehen von der Entwicklung ganz alternativer Antriebssysteme. Grundsätzlich versuchen Reedereien in Sachen Müllvermeidung und nachhaltigem Ressourceneinsatz engagiertere Wege zu gehen, die einen mehr, die anderen weniger intensiv.

Themenschwerpunkte

Angesichts der immer vielfältigeren Ansprüche der Gäste und der wachsenden Konkurrenz positionieren sich die Schiffe und die Reedereien mittlerweile sehr unterschiedlich. Differenzierung findet längst nicht mehr allein über die Preisgestaltung, die Route und die Ausstattung statt. Es geht um klare inhaltliche Angebote, einen ganz bestimmten Lifestyle auf dem Schiff, ein spezielles Image und eine einmalige Atmosphäre und nicht zuletzt die sprachliche und kulturelle Gemeinsamkeit, die über die Wahl des Kunden entscheiden.

Musik ist ein erfolgreiches Thema, um Gäste anzusprechen: Wobei das Segment von einer Spitzenorchesterbegleitung über Klassik und DJs an Bord bis zu einer Fanreise im Schlagerbereich reicht. Das funktioniert, weil es Gleichgesinnte eint. Eines der jüngsten Beispiele ist etwa die Full Metal Cruise auf Mein Schiff 3, die als „die lauteste Kreuzfahrt Europas“ angekündigt worden war.

Sport und gesunder Lebensstil sind ebenso Themen, die an Bord professionell bedient werden: Schiffe wie die vom „Berlitz Cruise Guide 2019“ wiederholt mit „Fünf Sterne Plus“ ausgezeichnete Europa 2 engagieren etwa Profisportler; Yoga erweist sich derzeit als Magnet für eine bewusste, jüngere Klientel auf einigen Schiffen, das passt auch zur Modeschau renommierter Fashion-Designer an Bord. Gastronomisch lizitieren sich die Schiffe immer weiter hinauf: Es braucht neben den Buffets, dem Italiener, dem Japaner und dem Steak-Burger-Lokal eben auch Gourmetrestaurants auf hoher See und kulinarische Schwerpunkte, die ganz frisch auf die Destination abgestimmt sind.

Oft entstehen Kooperationen – etwa mit Dieter Müller oder Tim Mälzer. Zum Stellenwert von Entertainment gibt es ebenso viele Auffassungen wie Lösungen, von wissenschaftlichen Lectures bis zur täglichen Shows oder Optionen, kreativ mitzuwirken. Der persönliche Auslauf ist wichtig: Klettergarten, Laufrunde, Kartbahn. Vor allem auf die jüngste Zielgruppe wird auf manchen Schiffen großes Augenmerk gelegt, das erkennt man an den Quadratmetern, die Wasserparks und Spielewelten auf dem limitierten Platz eingeräumt werden.

Flusskreuzfahrten

Aus ihrer Nische herausentwickelt haben sich zudem die Flusskreuzfahren, was nicht bloß dem Einsatz moderner Schiffe mit attraktiven Außenkabinen und bodentiefen Fenstern geschuldet ist. Interesse am Flow vorbeiziehender Landschaft und kulturell, gastronomisch und sportlich interessanter Landgänge zeigen nicht mehr nur die älteren Jahrgänge. Zunehmend werden diese Reisen mit Aktiv-Angeboten kombiniert – die A-Rosa Viva zum Beispiel wurde mit einer E-Bike-Flotte ausgestattet und bietet Fahrradpakete für Reisen auf der Seine, der Donau, dem Rhein und der Rhone. Und auch auf dem fließenden Wasser gilt: Einmal in der Nähe eine Kreuzfahrt genossen, darf's das nächste Mal schon die Wolga, der Amazonas oder der Mekong sein.

DIE RICHTIGE KREUZFAHRT FINDEN

Route: Dauer der Landgänge checken. Hat man einen ganzen Tag oder nur kurze Zeit an einer Destination? Welche Ausflüge werden angeboten?

An-/Abreise: Ist sie im Preis der Kreuzfahrt enthalten? Lässt sich ein Aufenthalt vor Ort gut verbinden?

Kinder: Gibt es Angebote, Einrichtungen, Betreuung für die Kleinen?

Kabine: Wie groß sind Budget und Bedürfnisse? Innenkabine oder Außenkabine? Balkon oder nicht? Auf manchen Schiffen gibt es eine Reihe von Katego- rien bis hin zu großen Panoramasuiten.

Eventprogramm: Ruhig oder lebendig? Es gibt Partyschiffe, auf denen Tag und Nacht die Post abgeht.

Dresscode: Ganz leger oder doch Abendkleid und Smoking zum Dinner?

Verpflegung: Sind alle Getränke inkludiert? Lieber All-Day-Dining oder gesetztes Essen?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2018)

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