Reaktionen zu Kerns Abschied: "Kern öffnet den Vorhang für den letzten Akt der österreichischen Sozialdemokratie"

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sich beim scheidenden SPÖ-Chef Christian Kern im Namen der Republik für seine Tätigkeit als Bundeskanzler und als Chef der größten Oppositionspartei bedankt. Er habe Kern als "engagierten und kompetenten Politiker kennengelernt", erklärte Van der Bellen am Samstag in einer Aussendung.
Es verdiene Anerkennung, dass sich Menschen auch außerhalb der Politik - und sei es für begrenzte Zeit - für politische Tätigkeiten zur Verfügung stellen und so dem Gemeinwohl dienen, fügte das Staatsoberhaupt an.

Die neue SPÖ-Chefin Pamela Rendi Wagner würdigte nach dem angekündigten Rückzug Christian Kerns aus der Politik dessen Verdienste um die Sozialdemokratie. "Christian Kerns Rücktritt als Spitzenkandidat bei den EU-Wahlen ist sehr bedauerlich. Es ist aber seine persönliche Entscheidung, die selbstverständlich zu respektieren ist", sagte Rendi-Wagner.
Die designierte Parteivorsitzende dankte ihrem Vorgänger via Aussendung. "Er hat die Partei geöffnet und modernisiert, dabei hat er sich große Verdienste um die Sozialdemokratie erworben. Als Bundeskanzler hat er viele wichtige Maßnahmen vorangetrieben, trotz der schwierigen Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner."

Die SPÖ Burgenland sieht nach dem Rückzug des bisherigen SPÖ-Chefs aus der Politik "das Kapitel Christian Kern beendet". "Mehr ist dazu nicht zu sagen", kommentierte Landesgeschäftsführer Christian Dax am Samstag im Gespräch mit der APA lapidar den Auftritt Kerns.
Jetzt sei es wieder an der Zeit sich mit wichtigen Themen zu beschäftigen anstatt so wie in den vergangenen Wochen mit sich selbst. Dax betonte, dass die SPÖ Burgenland voll hinter Pamela Rendi-Wagner als neuer Parteivorsitzenden stehe. SPÖ-Landesparteichef Hans Peter Doskozil wollte am Samstag gegenüber der APA keine persönliche Stellungnahme zum Rückzug Kerns abgeben.

Für die oberösterreichische SPÖ-Landeschefin Birgit Gerstorfer wäre Christian Kern persönlich ein idealer Spitzenkandidat für die EU-Wahl gewesen. "Er hat mit seiner Entscheidung aber einen klaren Schlussstrich gezogen. Ich bin mir sicher, dass nun wieder Ruhe einkehrt." Sie sei überzeugt, dass die SPÖ nun eine vielversprechende Kandidatin oder einen vielversprechenden Kandidaten aufstellen werde.
"Auch wenn viele Menschen große Hoffnung in Kern gesteckt haben, habe ich Respekt vor seiner Entscheidung. Es spricht für sein Verantwortungsbewusstsein, dass er erkannt hat, dass er mit seiner Person zuletzt polarisiert hat und so vielleicht nicht mehr das volle Potenzial hätte ausschöpfen können."

Für den Salzburger SPÖ-Vorsitzenden Walter Steidl setzt der Rückzug von Christian Kern aus der Berufspolitik einen Schlussstrich unter den Zickzackkurs der vergangenen beiden Wochen. "Ich kann seine Entscheidung gut nachvollziehen, es ist für ihn persönlich wohl auch das Beste." Viele in der Partei hätten Kern aber gerne weiter in der SPÖ gesehen - auch in einer anderen Funktion.
"Er hat Akzente gesetzt und wichtige Weichenstellungen auch inhaltlicher Art vorgenommen. Leider gab es immer wieder aus den eigenen Reihen oft nicht nachvollziehbare Kritik", sagte Steidl zur APA. "Ein Parteivorsitzender, der sich nicht auf die Geschlossenheit der eigenen Reihen verlassen kann, kann nicht entschlossen Politik machen." Er hoffe, dass die Partei daraus Lehren für die Zukunft zieht.

Christian Kerns Entscheidung zum Rückzug aus der Politik sei für Peter Kaiser "bedauerlich, aber zur Kenntnis zu nehmen": "Seitens der SPÖ hätte man sich die Entwicklungen selbstredend anders gewünscht und anders vorgestellt."
Kaiser plädierte aber auch für eine "rasche Rückkehr zu einer professionellen Kommunikation und intensiven politischen Arbeit", bereits in der Präsidiumssitzung am (morgigen) Sonntag seien Weichen zu stellen. Das heiße, personelle Fragen "geordnet und unaufgeregt zu klären".

"Mit seinem Rückzug von einer EU-Kandidatur öffnet Christian Kern den Vorhang für den letzten Akt der österreichischen Sozialdemokratie und beschließt damit eine der peinlichsten Kurzvorstellungen in der österreichischen Innenpolitik", stellte heute der freiheitliche Delegationsleiter im Europaparlament und FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky fest.

"Christian Kern war Bundeskanzler der Republik und hat für Österreich gearbeitet. Für sein Engagement gebührt ihm zu seinem Abgang Dank und ich wünsche ihm alles Gute für seine weitere Zukunft."