Missglückte Mission

1700 Delegierte waren zur Diözesanversammlung im Stephansdom. Die Welt draußen hat davon nichts bemerkt.

Schön ist es gewesen. Gute Stimmung. Bekannte wieder getroffen. Zeit zum Plaudern genützt. Fromm war es. Fast wie bei Exerzitien. Den Kardinal gesehen. Ein bisschen müde hat er gewirkt.

War es das auch schon? Hat die Diözesanversammlung mit 1700 Delegierten aus der gesamten, flächenmäßig großen, was die Mitglieder betrifft seit 1970 halbierten Erzdiözese Wien sonst nichts gebracht? Nichts Greifbares? Sie merken den Schwung nicht? Nicht in der Pfarre? In Wien? Nein?

Falsch! In Erinnerung bleibt bei vielen Teilnehmern der spontane Applaus, den Christoph Schönborn erhalten hat. In dem Moment, als er vor den Delegierten in seiner offiziellen Abschlussrede meinte, vielleicht würde er ja eines Tages Frauen für das Amt einer Diakonin weihen. Und bei aufmerksamen Konsumenten aufmerksamer Medien ist die Tatsache in Erinnerung geblieben, dass ein Tweet Kardinal Schönborns mit dem Zitat über Diakoninnen wie durch ein Wunder verschwunden ist.

Was uns das sagt? Allerlei. Zunächst einmal, dass Kardinal Schönborn ein klein wenig mutiger geworden ist. Ähnlich der Kremelogie (die Jungen kennen es nicht mehr), als versucht wurde, Worte, Gesten, Blicke, Mützen der Sowjetmächtigen zu deuten, erfordert auch die katholische Kirche exakte Beobachtung. Nuancenverschiebungen können auf bedeutende Änderungen schließen lassen. Zurück zu Kardinal Schönborn: Vor wenigen Monaten hat er in einem Interview mit dieser Zeitung noch sehr zurückhaltend gemeint, nur ein Konzil könnte die Diakoninnenweihe ermöglichen. Nun steht das nicht im Widerspruch zu dem im Stephansdom Gesagten, keineswegs. Aber Schönborn verwendet doch andere, positivere Worte. Manche schließen schon daraus, Schönborn, gern und oft im Vatikan gesehen (wie auch gerade eben bei der Jugendsynode), verfüge über Informationen aus der Umgebung des Papsts, dass diese Öffnung ernsthaft überlegt wird. Spekulationen darüber wurden nicht zuletzt durch Franziskus selbst genährt.

Kardinal Schönborn erscheint also mutiger – und dann wieder nicht. Denn dass er den Tweet hat zurücknehmen lassen, wirkt für einen Bischof mit jahrzehntelanger Erfahrung seltsam – und ungeschickt. Schließlich gibt der Vorgang dem Ganzen so erst recht eine besondere Bedeutung.

Was bleibt sonst von der Versammlung? Bei der Eröffnung der Jugendsynode hat der Papst erst am Mittwoch gefordert, dass sich in der Kirche nicht die „Logik der Selbsterhaltung und Selbstbezogenheit“ durchsetzt. Nun, Initiativen die nach außen wirken, fehlten in Wien. Man blieb unter sich. Selbstbezogen und genügsam im Dom. Kein Hinaus auf die Plätze. Keine Botschaft an die Welt, kein Versprechen, keine Selbstverpflichtung, kein . . . Wort. Dabei waren Mission und Jüngerschaft das Thema – Mission verfehlt. Aber schön war es doch.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2018)

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