Für den Traum von Europa hatte der Anstreicher Isaac alles verkauft und Nigerias Metropole Lagos verlassen. Nach höllischen Monaten in Libyen gab der Nigerianer auf. Ermuntert von Versprechungen der EU kehrte er mit 159 anderen Migranten zurück. „Die Presse am Sonntag“ hat ihn die ersten Tage zu Hause begleitet.
Mitten in der schwülen Nacht, im Scheinwerferlicht des Frachtflughafens von Lagos, hält eine nigerianische Politikerin eine flammende Rede. „Ihr solltet dankbar sein“, ruft sie zu den 160 Migranten, die gerade aus dem libyschen Flugzeug gestiegen sind. „Vor euch kamen einige mit nur einem Bein zurück. Andere mit nur einem Auge. Ihr aber habt alles, um mit Gottes Hilfe zu leben. Vergesst nie: Hoffnung kommt auf leisen Füßen.“
Am Rand des Hangars sitzt Isaac U. und ist zu müde, um Hoffnung zu spüren. Hager ist er, an die 15 Kilogramm leichter als vor seiner Abreise aus Nigeria in Richtung Europa im Vorjahr. Am Morgen noch war der 29-Jährige in der libyschen Schlepperstadt Zuwara nahe der Grenze zu Tunesien jeglicher Illusionen beraubt. Dann der Rückflug mithilfe der Internationalen Organisation für Migration (IOM) – eine Strecke, die ihn vor 14 Monaten auf dem Landweg fast getötet hätte. Zu viel, um in eine Ode an das Leben einzustimmen.
Isaac löffelt schweigend kalten Reis und Huhn. Neben einem Feuerwehr-Lkw stehen Tische, an denen er gerade sein Leben wieder in Ordnung gebracht hat. Registrierung, ein Medizincheck, Zettel mit Telefonnummern für Beratungsdienste der IOM, ein Umschlag mit 40.000 Naira (95 Euro) für die ersten Tage. Dazu spendieren Mitarbeiter eines Mobilfunkanbieters ein einfaches Handy mit einem kleinen Startguthaben. Das sind sie also, die Zutaten des Neuanfangs in der Heimat.
Den macht die Europäische Union jenen schmackhaft, die in ihre eigenen Länder zurückkehren. Und Nigerianer zählen zu den wichtigsten Zielgruppen. Mit 1405 Asylanträgen belegte Nigeria 2017 etwa in Österreich Rang vier. In Deutschland suchten 7811 Menschen aus Afrikas einwohnerstärkstem Land um Asyl an. Die Gesamtschutzquote ist aber gering: Nur ein Prozent der von Nigerianern gestellten Asylanträge wurde positiv beschieden.