Das 1:0 gegen Mattersburg war noch kein Befreiungsschlag, lässt Trainer Kühbauer aber in ruhigerer Atmosphäre arbeiten.
Wien. Vor acht Tagen sah die Welt des Dietmar Kühbauer noch ganz anders aus. Als Trainer des Tabellendritten St. Pölten gastierte er im Hütteldorfer Allianz Stadion. St. Pölten gewann mit 2:0, Goran Djuricin wurde kurz nach Schlusspfiff von seinen Aufgaben bei den Grün-Weißen entbunden. Dass er, Kühbauer, am darauffolgenden Wochenende schon wieder in den Westen Wiens zurückkehren würde, hat der 47-Jährige insgeheim vielleicht gehofft, erwarten konnte er sein baldiges Comeback aber nicht. Jedenfalls nahm Kühbauer Sonntagnachmittag abermals Platz im Allianz Stadion, erstmals auf der Bank der Heimmannschaft – auch daran wird sich der Ex-Rapidler noch gewöhnen.
Seit vergangenen Montag, als die Bestellung des Burgenländers zum Djuricin-Nachfolger publik wurde, hat Hütteldorf auf einen Kühbauer-Effekt gehofft. In der Europa League blieb er zunächst vollends aus. Es irritierte weniger das Ergebnis bei den Glasgow Rangers (1:2) denn der speziell in der zweiten Halbzeit völlig ideenlose und blutleere Auftritt. Weil man der Konkurrenz in der Bundesliga seit Wochen fast schon peinlich hinterherhinkt, war ein Sieg gegen Mattersburg völlig alternativlos. Kühbauer änderte das System, statt im erprobten 4-2-3-1 ließ er seine Elf im 4-4-2 mit der Doppelspitze Deni Alar/Andrija Pavlović auflaufen – um zwischenzeitlich auch wieder auf 4-2-3-1 zu wechseln.
Rapids Probleme sind in den vergangenen Tagen nicht verschwunden, gegen Mattersburg aber wurden sie teilweise kaschiert. Die Wiener gingen vor allem in der ersten Halbzeit kaum ein Risiko ein, spielten 61 Prozent ihrer Pässe in der eigenen Hälfte, wodurch auch die hohe Passgenauigkeit (84 Prozent) entkräftet wurde. Rapid spielte wie eine verunsicherte Mannschaft eben spielt. Dass mit dem ersten Torschuss in der elften Minute das 1:0 durch Christoph Knasmüllner fiel, spielte den Wienern unbestritten in die Karten, ließ sie aber längst nicht befreit aufspielen.
Alar, ein Fremdkörper
Wenn Rapid in den Strafraum vordrang, dann rückte meist Deni Alar ins Bild. Der Neuzugang aus Graz wirkte jedoch auch diesmal wie ein Fremdkörper, der nicht so recht weiß, wo sein Platz in diesem Team sein soll. Gleich dreimal (40./52./70.) fand der 28-Jährige gute Möglichkeiten vor, scheiterte stets kläglich. Rapid fehlen allerdings auch qualitativ hochwertige Alternativen in der Offensive, das darf durchaus als Kritik an Sportdirektor Fredy Bickel verstanden werden. Ganze drei Torschüsse in 90 Minuten sind bei einem Heimspiel gegen den Tabellensiebenten wahrlich kein Ruhmesblatt, zwischen den Abschlüssen in der 34. und 89. Minute wurde es für Mattersburg-Torhüter Markus Kuster kein einziges Mal wirklich gefährlich. Auf der Gegenseite zeigten die Burgenländer zwar eine engagierte Leistung, kamen durch Pusić (72.) zu ihrer besten Möglichkeit, suchten aber dennoch zu selten den Weg in die Offensive.
Nach drei Liganiederlagen in Folge (Austria, Salzburg, St. Pölten) sorgt der Sieg über Mattersburg zumindest vorübergehend und während der zweiwöchigen Länderspielpause für etwas Ruhe in Hütteldorf. „Diese drei Punkte waren enorm wichtig für die Köpfe, das gesamte Umfeld“, sagte Kühbauer nach seinem Heimdebüt. „Muss-Siege“ seien schließlich oftmals die schwierigsten. „Und auch, wenn es ein Kampf war: Ich glaube, der Erfolg war verdient.“
„Man muss etwas verändern“
Dass das neue Spielsystem noch nicht problemlos funktionieren würde, Dinge neu einstudiert werden müssten, war Kühbauer klar, „aber man muss im Vergleich zur Vergangenheit etwas verändern.“ Erste seriös zu bewertende und zählbare Ergebnisse seiner Arbeit soll man in zwölf Tagen beim Gastspiel in Hartberg sehen. Davor testet Rapid am 12. Oktober im Waldviertel gegen den SV Horn.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2018)