Kein Ausgleich bei AMS-Sperre

In der Steiermark springt die Mindestsicherung nicht mehr ein, wenn das AMS das Geld kürzt. Das sorgt für Unmut bei der Caritas.

Wien. „Wir merken es massiver seit einem halben Jahr“, sagt Iris Eder, Leiterin der Beratungsstelle zur Existenzsicherung der Caritas in Graz. Die Rede ist von einem Zusammenspiel zwischen Arbeitslosengeld und Mindestsicherung. Früher, erzählt Eder, sei es so gewesen, dass wenn das AMS-Geld gekürzt wird, dann die Mindestsicherung kurzfristig eingesprungen sei, das heißt deren Betrag wurde erhöht. Mittlerweile sperre das AMS aber schneller, wenn ein Termin nicht eingehalten werde – etwa, wenn Alleinerzieherinnen auf ihre Kinder im Sommer aufpassen müssen und daher dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, sagt Eder. Nur springe mittlerweile auch nicht mehr die Mindestsicherung ein. „Das passiert im Moment nicht. Da tut sich eine Lücke auf, die die Haushalte nie wieder einholen können, weil sie keine finanziellen Reserven haben“, sagt Eder. „Es wird nicht mehr ausgeglichen. Warum, wissen wir nicht.“

Neues Gesetz und Schnittstelle

Auf Nachfrage der „Presse“ heißt es aus dem Büro der zuständigen Landesrätin Doris Kampus (SPÖ), dass das schon seit 1. September 2016 nicht mehr der Fall sei. Bis dahin gab es eine gesetzliche Grundlage für den Ausgleich, so ein Sprecher. Dieser wurde allerdings mit der Novellierung 2016 gestrichen. Auch gibt es eine neue Schnittstelle zwischen AMS und Mindestsicherungsstelle, die die Zusammenarbeit verbessern soll. 2017 wurden in der Steiermark 1073 Sanktionen an 746Mindestsicherungsbezieher ausgesprochen. Dahinter lagen vor allem Gründe, welche mit Maßnahmen des Arbeitsmarktservice zusammenhängen, beispielsweise die Verweigerung der Begutachtung der Arbeitsfähigkeit oder die Verweigerung der Vormerkung beim AMS. Warum man bei der Caritas gerade jetzt so viele Fälle bemerke, konnte sich der Sprecher nicht erklären.

Trotzdem verursacht das Probleme, heißt es bei der Caritas. „Bei ganz vielen Stellen wird sehr schnell die Grenze gezogen und das führt dazu, dass unsere Hilfsangebote wie Existenzberatung oder Lebensmittelausgabe echt am Limit sind“, sagt Herbert Beiglböck, Leiter der Caritas Steiermark. „Wir haben in der Stadt Graz jahrelang keine Problemstellung bei der Lebensmittelausgabe in Pfarren gehabt. Wir sind mittlerweile wiederholt ganz knapp an der Grenze oder haben gar keine Lebensmitteln mehr.“ Grund dafür sei, dass die Übergangssituationen bei Sozialleistungen so schlecht gestaltet seien, dass immer mehr Menschen auf Hilfsangebote angewiesen sind. In einem Pfarrverband im Süden Graz, erzählt er, habe es früher nie mehr als zehn Leute gegeben, die sich dort Lebensmittel geholt haben. Jetzt seien es in der Regel zwischen 15 und 20 Fälle – in erster Linie Familien. (win)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Auch ein Job für gute Nerven. „Mehr gefallen lassen als im normalen Leben“ muss man sich aber nicht.
Österreich

Aggressionen: Muss man sich im Job beflegeln lassen?

Ein AMS-Kursteilnehmer stieß Drohungen aus, ein Gericht zeigte sich da sehr tolerant. Das sorgte für Aufregung – und wirft Fragen auf: Was muss man sich wirklich am Arbeitsplatz alles bieten lassen?
Johannes Kopf
Österreich

Aggressiver Kursteilnehmer: AMS will sich gegen Urteil wehren

Aggressives Verhalten in AMS-Kursen ist laut einem Gerichtsurteil den Trainern zumutbar. AMS-Chef Kopf will nun vor dem Höchstgericht "Klarheit bekommen".
Aggressives Verhalten in AMS-Kursen sei den Trainern bis zu einem gewissen Grad zumutbar,
Wirtschaftsrecht

Drohungen im AMS-Kurs: Kein Leistungsverlust

Aggressives Verhalten sei Trainern bei AMS-Kursen bis zu einem gewissen Grad zumutbar und nicht zwangsläufig ein Grund für Sanktionen, entschied das Bundesverwaltungsgericht. Die Empörung ist groß.
Österreich

FPÖ will "Skandalurteil" zu AMS-Kursen prüfen lassen

Das Bundesverwaltungsgericht sieht aggressives Verhalten in AMS-Kursen nicht zwangsläufig als Grund für Sanktionen. Das sorgt in der FPÖ für Empörung.
Österreich

Gerichtsurteil: Aggression in AMS-Kursen ist zumutbar

Das österreichische Bundesverwaltungsgericht gibt einem Mann Recht, dem das Arbeitslosengeld wegen Drohungen während der Fortbildung gestrichen worden war. Die Begründung, warum Trainer damit zurechtkommen müssen, lässt aufhorchen. Beim BFI gibt es Hausverbot bei aggressivem Verhalten.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.