Schieder über Migrationspakt: "Neuer außenpolitischer Bauchfleck der Regierung"

Kurz und Strache beim Ministerrat
Kurz und Strache beim MinisterratAPA/HERBERT NEUBAUER
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Die Regierung steht nach dem "Presse"-Bericht über ein mögliches teilweises oder komplettes Fernbleiben von dem Papier, das im Dezember in Marokko angenommen werden soll, vor einer Wand aus Kritik. Einige Staaten teilen aber Wiens Position.

Wird nach den USA und Ungarn auch Österreich schon im Vorfeld aus dem Migrationspakt der Vereinten Nationen, der im Dezember bei einer Konferenz in Marokko angenommen werden soll, aussteigen, bzw. diesem letztlich fernbleiben?

Bundeskanzler Sebastian Kurz versuchte jedenfalls nach einem Bericht der "Presse" am Mittwoch nach dem Ministerrat die Wogen etwas zu glätten: Österreich werde sich mit anderen "kritischen Staaten", etwa der Schweiz, beim weiteren Vorgehen abstimmen, und auf jeden Fall einen ausdrücklichen, völkerrechtlich verbindlichen Vorbehalt bei jenen Punkten formulieren, die man in der geplanten Vereinbarung ablehne. Die Regierung werde alles unternehmen, um die Souveränität des Landes aufrechtzuerhalten.

Übrigens hat auch Polen bereits ähnliche Bedenken bzw. grundlegende Skepsis angemeldet. Der bestehende Text des Pakts bestätigt allerdings schon jetzt die Souveränität der Staaten auch hinsichtlich ihrer Einwanderungs- und Grenzschutzpolitik, und dass sie gemäß ihres Rechtssystems, wenn auch in Abnstimmung mit dem Völkerrecht, zwischen regulärer und irregulärer Migration unterscheiden und dabei auch etwa auf "nationale Realitäten und Prioritäten" abstellen können.

Und: Der Schweizer Bundesrat beschloss am Mittwoch, dem Pakt in Marokko zuzustimmen. Er entspreche den Interessen der Schweiz, heißt es aus dem Außenamt in Bern. Innenpolitisch bestehe kein Handlungsbedarf, man setze die Empfehlungen bereits um.

Nur bei einem Punkt werde man eine abweichende "Erklärung" abgeben, nämlich bei der Schubhaft für Minderjährige ab 15 Jahren, die in der Schweiz möglich ist und woran man festhalte. Da jeder Staat frei entscheiden könne, welche Instrumente er nutzen möchte, sei dies kein Grund, dem Pakt nicht zuzustimmen, so das Außenamt.

"Migration darf kein Menschenrecht sein"

Ähnlich wie Kurz argumentierte FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache: Jedes Land müsse seine Zuwanderungspolitik selber steuern können. Migration dürfe kein Menschenrecht sein. Ob Österreich dem Pakt am Ende zustimme, sei noch nicht fix. Die Prüfung sei noch im Laufen.

Mit anderen Worten: Ein Ausstieg ist für die Bundesregierung, wie „Die Presse" berichtete, eine ernsthafte Option. Und das bringt die Opposition auf die Barrikaden: "Die Bundesregierung überlegt während des Österreichischen Ratsvorsitzes, aus dem UN-Pakt zu Migration auszusteigen. Das löst kein einziges Problem sondern macht alles schlechter", sagte der Außenpolitische Sprecher der SPÖ und SP-Spitzenkandidat bei der Europawahl, Andreas Schieder, zur "Presse". "Österreichs Regierung landet damit wieder einmal einen außenpolitischen Bauchfleck."

Fluchtbewegungen zu kontrollieren und Fluchtursachen zu bekämpfen könne nur durch internationale Kooperation gelingen. Der Kanzler aber wolle anscheinend nur über Probleme diskutieren, doch keine echten Lösungen.

„Wir sind nun mit Polen und Ungarn Teil des reaktionären Blocks", merkte der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon an. Österreich dürfe nicht "in einer Liga mit Trump und Orban spielen", meinte die außenpolitische Sprecherin der Liste Pilz, Alma Zadic. Seitens der NEOS hieß es, im Falle einer Nichtunterzeichnung des Abkommens, das im Übrigen tatsächlich rechtlich nicht bindend, sondern nur eine Art "Richtschnur-Vertrag" ist, stelle sich Wien gegen die Staatengenmeinschaft.

Unterstützung aus Ungarn

"Wir drücken dem polnischen Innenminister und den in der österreichischen Regierung immer lauter werdenden Ansichten die Daumen, dass sowohl Polen als auch Österreicher eine der amerikanischen und ungarischen ähnliche Position gegenüber dem Migrationspakt einnehmen", sagte indes Ungarns Außenminister, Peter Szijjarto. Der Pakt sei "die schlechtestmögliche Antwort, die die UNO auf die Herausforderungen der Migration geben kann". Migration solle man nicht ermutigen, sondern stoppen und ihre Ursachen beseitigen.

Freilich besagt der Pakt auch, dass man primär die Bedingungen für die Menschen vor Ort verbessern solle, um die Schwelle der Bereitschaft zur Migration nicht unnötig sinken zu lassen. Auch das Schlepperwesen müsse bekämpft werden.

(cu/apa)

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