Der türkische Regierung zieht in den "radikalen Krieg gegen die Inflation". Wie dieser aussieht? Der Finanzministerium drängt etwa Händler, ihre Preise zu senken.
Mit immer neuen Maßnahmen versucht die Regierung in Ankara die ausufernde Inflation einzudämmen. Am Dienstag etwa kündigte Finanzminister Berat Albayrak an, dass Unternehmen sich bereit erklärten, bei zahlreichen Gütern die Preise bis Ende des Jahre um mindestens zehn Prozent zu senken. Denn: "Den Kampf gegen die Inflation und für Preisstabilität können der Staat und die Institutionen nicht allein führen."
Vom Gemüse bis zum Elektrogerät: Im Fokus sind alle Produkte, die bei der Berechnung des Warenkorbs zur Teuerungsrate herangezogen werden. Diese ist im September auf fast 25 Prozent geklettert und damit auf den höchsten Stand seit 15 Jahren. Das schränkt die Kaufkraft der Konsumenten deutlich ein.
100 Unternehmen müssen Stellung nehmen
Bei wie vielen Waren die Preise sinken sollen und welche Unternehmen an der Aktion teilnehmen, war zunächst aber nicht klar. Albayrak rief die Bürger allerdings auf, Firmen zu unterstützen, die ihre Preise reduzierten. Aber nicht nur so übt die Regierung Druck auf die Wirtschaftstreiben aus: Das türkische Handelsministerium hatte bereits am Montag erklärt, mehr als 100 Unternehmen müssten zu überzogen Preissteigerungen Stellung nehmen.
Mehr als 69.000 Produkte von fast 4000 Firmen hatte das Ministerium unter die Lupe genommen. Als sich die Währungskrise im August zugespitzt hatte, untersagte die Regierung in Ankara Preisanhebungen, sofern Unternehmen nicht mit steigenden Kosten konfrontiert oder von einem höheren Wechselkurs betroffen sind.
Neben den Preissenkungen kündigte Finanzminister Albayrak am Dienstag auch Ermäßigungen bei der Mehrwertsteuer an. Dem Minister zufolge soll es in diesem Jahr überdies keine weiteren Preiserhöhungen bei Strom und Gas geben.
Finanzministerium und Schwiegersohn
Albayra ist nicht nur Finanzminister, sondern auch der Schwiegersohn des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der immer wieder durch seinen Konflikt mit der Zentralbank auf den weltweiten Finanzmärkten negativ aufgefallen ist. Während die Zentralbank die Leitzinsen erhöht, um die Inflation einzudämmen, fordert Erdogan niedrigere Zinssätze, der Präsident bezeichnet sich selbst sogar als "Zinsfeind". Hinzu kommt ein Streit mit dem Nato-Partner USA, der bereits in gegenseitigen Sanktionen mündete.
Albayrak will nun in einen "radikalen Krieg gegen die Inflation" ziehen. Aber bisher zeigten alle seine Ankündigung kaum Wirkung. Seit Jahresbeginn hat die Lira rund 40 Prozent an Wert eingebüßt.
(sk/APA/Reuters)