Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Strache schließen Volksabstimmung zum Nichtraucherschutz aus. Blauer Unmut herrscht über schwarze Landespolitiker.
Wien. Kanzler Sebastian Kurz gratulierte nach dem Ministerrat am Mittwoch den Initiatoren der drei jüngsten Volksbegehren (Don't Smoke, Frauen, GIS-Abschaffung) zum Zuspruch. Gleichzeitig machte der ÖVP-Chef aber klar: „Es ändert nichts daran, dass das Regierungsabkommen, das wir abgeschlossen haben, gilt.“
Und in diesem ist vorgesehen, dass in Österreichs Lokalen weiterhin geraucht werden darf, während der Ausbau der direkten Demokratie erst im Jahr 2022, also dem letzten Jahr der laufenden Legislaturperiode, voll greifen soll. Man benötige eine gewisse Vorlaufzeit zur Einführung der Neuerung, erklärte Kurz.
Das Regierungsübereinkommen sieht vor, dass ein Volksbegehren ab 900.000 Unterschriften zu einer verpflichtenden Volksabstimmung führen soll. Für diese Novelle sind eine Verfassungsänderung plus eine eigene Volksabstimmung nötig. Kurz betonte zudem, dass selbst das Nichtrauchervolksbegehren mit knapp 882.000 Unterschriften die künftig geplante Grenze verfehlt habe.
Zwar könnte die Koalition auch nach bestehender Rechtslage jederzeit von sich aus Volksbefragungen oder Volksabstimmungen einleiten. Aber auch das komme nicht infrage, wie Kurz und Strache unisono betonten. „Was es bei uns nicht gibt, ist ein Rosinenpicken“, erklärte Strache. Und meinte damit, dass jetzt über einen einzelnen Punkt abgestimmt werde.
„Nicht lange gefallen lassen“
Dass aus den ÖVP-Landesparteien der Ruf nach einer Volksabstimmung zum Nichtraucherschutz laut wird, regt manch Blauen auf: „Was mich ärgert, ist die Falschheit der ÖVP. Falsch und Schwarz – das gehört zusammen“, sagte Niederösterreichs FPÖ-Landesrat, Gottfried Waldhäusl, gegenüber der Zeitung „Österreich“. Denn in den Koalitionsverhandlungen habe die ÖVP die hohe Grenze von 900.000 verlangt. Und nach dem Volksbegehren, das diese Zahl nicht erreicht habe, würden ÖVP-Landespolitiker eine Abstimmung fordern. Waldhäusl zeigte sich sicher, „dass sich das unsere Mandatare nicht mehr lange gefallen lassen“.
Beschlossen wurden von der Regierung im Ministerrat Nachhaltigkeitsregeln bei der Beschaffung. So wird der Bund sich verstärkt an klima- und energierelevanten Kriterien orientieren. Abgesegnet wurde auch die schon länger vereinbarte Pensionserhöhung. Geringe Bezüge steigen um bis zu 2,6 Prozent, Senioren mit hohen Pensionen erhalten nur einen Fixbetrag von 68 Euro. Der „stille Pensionsraub“ sei beendet, erklärte Strache, der frühere SPÖ-Regierungen rügte. Umgekehrt forderte SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch, die Pensionen stärker anzuheben, weil die Teuerung im nächsten Jahr 3,9 Prozent betrage. Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker kritisierte, dass die Regierung durch die starke Erhöhung für Leute mit wenig Versicherungsmonaten Anreize biete, früher in Pension zu gehen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2018)