CO2-Ausstoß von Autos: Konzerne und Grüne unzufrieden

Autobahnabschnitt der A4 bei Koeln Lindenthal aufgenommen von der Gleueler Strasze Koeln 01 09 2016 F
Autobahnabschnitt der A4 bei Koeln Lindenthal aufgenommen von der Gleueler Strasze Koeln 01 09 2016 Fimago/Future Image
  • Drucken

Der Kompromiss einer Emissionssenkung um 35 Prozent bis 2030 hat jedoch im Rat breite Zustimmung.

Brüssel. Man kann nicht unbedingt sagen, dass der am Montag veröffentlichte alarmierende Befund des Weltklimarates allzu tiefen Eindruck auf die Umweltminister der Union gemacht hat. Gut 13 Stunden lang dauerte es, bis sie am Dienstag knapp vor Mitternacht einen Kompromiss in der Frage präsentieren konnten, wie stark der Personenverkehr in der EU ab dem Jahr 2021 seinen Ausstoß von Kohlendioxid verringern muss.

Minus 35 Prozent für Personenwagen bis zum Jahr 2030, für Kleinlastwagen minus 30 Prozent: Diese Position, mit der Österreichs Umweltministerin Elisabeth Köstinger nun als Wortführerin des Rates in die Verhandlungen mit dem Europaparlament startet, geht weniger weit als das, worauf sich die Europaabgeordneten vorige Woche in Straßburg geeinigt hatten. Sie sind für ein Senkungsziel von 40 Prozent für beide Fahrzeugklassen. Und auch einigen nationalen Regierungen, allen voran Irland, Dänemark, den Niederlanden und Schweden, geht der Luxemburger Kompromiss vom Dienstag nicht weit genug. „Einige Länder sind über das niedrige Ehrgeizniveau und die neu geschaffenen Schlupflöcher enttäuscht“, teilte die Verhandlungsführerin des EU-Parlaments, die maltesische Sozialdemokratin Miriam Dalli, via Twitter mit. „Ich fühle mich darin bekräftigt, mit Nachdruck für das Parlament zu verhandeln.“ „Ich wünsche dir viel Glück. Bleib stark!“, antwortete ihr postwendend die schwedische Umweltministerin Karolina Skog.

„Umweltminister lächerlich gemacht“

Ziemlich deutlich in seiner Kritik war Reinhard Bütigkofer, der industriepolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament: „Die EU-Umweltminister haben sich mit ihren Entscheidungen lächerlich gemacht. Sie haben es geschafft, gleichzeitig zu beschließen, dass sie international klimapolitische Anführerschaft beanspruchen, und zu demonstrieren, dass sie nur Anführer im Stillstand sind.“ Der Kompromiss sei „ein Muster ohne Wert“. Wenig überraschend ist der Lobbyverband der deutschen Autoindustrie ebenso verärgert über das Verhandlungsergebnis der Umweltminister, wenn auch aus komplett entgegengesetzten Gründen: „Es ist mehr als bedauerlich, dass die Mehrheit der Mitgliedstaaten nicht die Stärke fand, eine Balance zwischen dem Schutz von Arbeitsplätzen und dem Schutz des Klimas zu finden“, teilte der VDA mit.

Zwischen diesen beiden Polen dieser umwelt- und industriepolitischen Debatte jedoch fand sich im Rat eine breite Mehrheit von 20 Mitgliedstaaten. Nur die Niederlande, Luxemburg, Irland und Slowenien stimmten gegen den Kompromiss. Bulgarien, Malta, Dänemark und Ungarn enthielten sich. „Ich hätte niemals gedacht, dass es eine so große Unterstützung geben wird“, lobte Energiekommissar Miguel Arias Cañete die Vorsitzführung Köstingers. Der früheren ÖVP-Europaabgeordneten war es geglückt, Deutschland von seiner Haltung, bloß ein Senkungsziel von 30 Prozent zu unterstützen, abzubringen: „Es ist uns gelungen, in sehr intensiven Gesprächen die deutschen Kollegen zu überzeugen, auf 35 Prozent zu steigern“, sagte Köstinger im Anschluss an die Ratstagung.

Allerdings hat das Ergebnis, wie die Abgeordnete Dalli anmerkte, einige problematische Schlupflöcher. Vor allem die osteuropäischen Staaten werden weitgehend aus ihrer Verpflichtunggenommen, den CO2-Ausstoß deutlich zu senken, und zwar so: Wenn ein Autohersteller in einem Mitgliedstaat, in dem der Anteil an Elektroautos und Hybriden weniger als 60 Prozent des EU-Durchschnitts beträgt, solche emissionsarmen Autos auf den Markt bringt, kann er sich das stärker anrechnen lassen, als wenn er das in Ländern mit höherer Marktdurchdringung tut. Von einer verpflichtenden Quote solcher Autos, die weniger als 50 Gramm CO2 pro Kilometer emittieren, ist im Beschluss der Minister nichts zu finden. Das Parlament hingegen fordert das.

Hier wird eine der wichtigsten Fronten im Ringen zwischen Köstinger und Dalli verlaufen. Eine zweite betrifft die Frage, was mit Arbeitern passieren soll, die wegen der Umstellung von Verbrennungs- auf alternative Antriebe arbeitslos werden. Das Parlament forderte einen Fonds für ihre Umschulung. Der Rat hingegen ignorierte diese Frage.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

VW-Chef Diess: Strengere Abgasnormen gefährden 100.000 Jobs bei VW

Sollte die Umsetzung der Kohlendioxid-Reduzierung in der geplanten Geschwindigkeit kommen, sieht Herbert Diess ein Viertel der Arbeitsplätze gefährdet.
GM-POWERTRAIN-WERK IN WIEN-ASPERN
Österreich

Neue CO2-Grenzwerte: Autoindustrie befürchtet negative Folgen für Jobs

Die Autoindustrie kritisiert den Plan für neue CO2-Grenzwerte. Das Gleichgewicht zwischen Klimaschutz und Beschäftigung sei nicht gegeben.
Einigung über CO2-Reduktion bis 2030.
Österreich

EU: 35 Prozent CO2-Reduktion für Pkw bis 2030

Der EU-Umweltrat erzielt nach einem 13-stündigen Verhandlungsmarathon eine Einigung über die CO2-Reduktion für Pkw und Vans. Deutschland schwenkte auf den Kompromissvorschlag des österreichischen Ratsvorsitzes ein.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.