Die neuen Heiligen der katholischen Kirche

Bildnis Oscar Romeros in der Nationalkathedrale von San Salvador.
Bildnis Oscar Romeros in der Nationalkathedrale von San Salvador.REUTERS
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Vom Märtyrerbischof in El Salvador über Paul VI. bis zur nach ihrem Tod wundertätigen Nonne in Deutschland: Papst Franziskus erklärt am Sonntag insgesamt sieben Verstorbene zu Heiligen. Drei Porträts.

Papst Franziskus wird am Sonntag als Höhepunkt der Jugend-Weltbischofssynode sieben Verstorbene im Rahmen einer Messe auf dem Petersplatz zu Heiligen erklären. Also zu Personen, die ein vorbildliches und makelloses christliches Leben geführt haben, bisweilen für ihren Glauben gestorben sind und denen nach ihrem Tod in der Regel Wunder zugeschrieben wurden, die als solche kirchlich anerkannt wurden.

Bei der Feier werden Zehntausende Pilger vor allem aus Italien, Spanien, Deutschland und Lateinamerika erwartet. Sie werden Zeugen der Erhebung von fünf Männern und zwei Frauen zur Ehre der Altäre, nämlich von Papst Paul VI. (Italien), dem Märtyrer-Erzbischof Oscar Romero (El Salvador), Nunzio Sulprizio (Italien), Francesco Spinelli (Italien), Vincenzo Romano (Italien), Maria Katharina Kasper (Deutschland) und Nazaria March Mesa (Spanien).

Die Zahl der katholischen Heiligen ist übrigens nicht exakt bekannt. Das amtliche Martyrologium Romanum enthielt Ende 2017 etwa 9300 Namen, das Gros davon sind allerdings Selige. Seit der Formalisierung des Heiligsprechungsprozesses 1588 wurden (bis 2017 laut www.heiligenlexikon.de) 2165 Personen heiliggesprochen, der Großteil davon seit Johannes Paul II. (1978–2005). Hier die drei bekanntesten neuen Heiligen.

Papst Paul VI.

Vielen gilt Paul VI. (1963–1978) als erster moderner Papst, obwohl sich der Lombarde Giovanni Battista Montini, so sein bürgerlicher Name, in manch ethischen Fragen damaligen Moden widersetzt hat. Nach Pius X.,Johannes XXIII. und Johannes Paul II. wird er schon der vierte Papst des 20. Jahrhunderts sein, der Heiligkeit erlangt hat.

Bekannt ist er über die Kirche hinaus vor allem für seine Enzyklika „Humanae Vitae“ von 1968. Wenige Jahre nach Verkaufsstart der Antibabypille und auf dem Höhepunkt der sexuellen Revolution der 1968er schrieb er darin, dass „jeder eheliche Akt auf die Erzeugung menschlichen Lebens hingeordnet bleiben“ müsse, Verhütungsmittel also für Katholiken tabu seien. Er warnte auch vor der „Verrohung der Beziehungen zwischen den Geschlechtern“. Der von linken Spöttern „Pillen-Paul“ Genannte trat sein Amt während des Zweiten Vatikanischen Konzils an. Es war 1962 von Johannes XXIII. einberufen worden und endete 1965 unter Paul VI. mit großen Kirchenreformen, etwa der Anerkennung der Religionsfreiheit, Bereitschaft zum Dialog mit anderen Religionen und Öffnung der Liturgie für die Volkssprachen. Er legte auch sehr bald die Tiara ab, die Papstkrone – das alte Symbol päpstlicher Herrschaft über den ganzen Erdball. Seitdem hat sie kein Papst mehr getragen.

Er war der erste Papst, der ferne Länder und solche außerhalb der katholischen Kernlande besuchte (schon im Mittelalter bereisten Päpste etwa die Gebiete des Heiligen Römischen Reichs) und somit politische Impulse setzte. So reiste er 1964 nach Israel und traf als erstes Oberhaupt der Katholiken seit der Spaltung in Ost- und Westkirchen (1054) das Ehrenoberhaupt der Orthodoxen, den Patriarchen von Konstantinopel, Athenagoras. 1965 sprach er vor der UN-Generalversammlung in New York. Und doch eckte PaulVI. bei allen an: Reformern ging er nicht weit genug, Konservativen zu weit.

Die unerklärliche Heilung eines fünf Monate alten, laut Ärzten irreversibel geschädigten Fötus galt als das Wunder, das ihm zur Heiligkeit gereichte. Die Eltern hatten sich im Gebet an Paul VI. gewandt, das Mädchen kam 2014 gesund zur Welt.

Auch für die Italiener ist Paul VI. ein ganz besonderer Papst. Er hatte sich 1978 nach der Entführung von Ministerpräsident Aldo Moro den linken Terroristen der Roten Brigaden im Austausch als Geisel angeboten. Moro wurde dessen ungeachtet ermordet.

Óscar Romero

Als Märtyrer gilt, wer wegen seines Glaubens ermordet wurde. In diesen Fällen bedarf es wie erwähnt keines Wunders. Daher ist unter den neuen Heiligen der legendäre frühere Erzbischof von San Salvador, Óscar Romero. Der Befreiungstheologe zelebrierte am 24. März1980 in einer Krankenhauskapelle der Hauptstadt El Salvadors eine Messe, als er von einem Offizier einer rechtsgerichteten Todesschwadron am Altar erschossen wurde.

Geboren 1917 in Ciudad Barrios, wuchs Romero in bescheidenen Verhältnissen auf und war als Bischof ab 1970 ein prominenter Gegner des Militärregimes. Er setzte sich für Belange der Armen ein, womit er sich bei Eliten und Militärs wenig beliebt machte. Sie wollten ihre Macht vor den Armen verteidigen, die in der demokratischen Bewegung Hoffnung für sich sahen. Romeros Predigten wurden immer politischer, inklusive Appellen gegen Ungerechtigkeit, Folter, Unterdrückung. „Als prophetische Kirche können wir in einer derart ungerechten Welt nicht schweigen“, soll er einmal gesagt haben.

Seine Ermordung gilt als Auslöser des Bürgerkriegs in dem Kleinstaat, der bis 1992 währte und rund 75.000 Todesopfer forderte. 2015 war Romero seliggesprochen worden.

Maria Katharina Kasper

Im kirchlichen Prozess vor der Heiligsprechung muss dem Verstorbenen, sofern er kein Märtyrer war, auch ein wissenschaftlich unerklärliches Wunder nachgewiesen werden. Ein solches wird der deutschen Ordensschwester Maria Katharina Kasper zugerechnet. Die Gründerin der Ordensgemeinschaft Die Armen Dienstmägde Jesu Christi („Dernbacher Schwestern“), die sich um Alte und Kranke kümmert und mit rund 600 Schwestern in 87 Niederlassungen weltweit agiert, ist 1978 von Paul VI. seliggesprochen worden.

Kasper wurde 1820 in Dernbach (Rheinland-Pfalz) geboren, wo sie 1898 auch starb. Sie soll die Heilung eines indischen Bruders bewirkt haben. Der Mann hat 2011 einen schweren Autounfall erlitten und soll in einem Krankenhaus in Indien für klinisch tot erklärt worden sein. Einige Dernbacher Schwestern aus einem nahen Konvent waren an sein Sterbebett getreten und hatten die bereits selige Maria Katharina um Hilfe angefleht, als sie sahen, dass der Totgeglaubte die Augen wieder öffnete. Er soll trotz innerer Blutungen und schwerer Kopfverletzungen, wie es im Bericht der Schwestern heißt, wieder vollständig genesen sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2018)

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