May sieht Fortschritte bei Brexit-Verhandlungen

Theresa May informierte das britische Unterhaus über die Brexit-Verhandlungen.
Theresa May informierte das britische Unterhaus über die Brexit-Verhandlungen.(c) APA/AFP/BEN BIRCHALL (BEN BIRCHALL)
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Theresa May verteidigt ihre Brexit-Pläne vor dem Parlament. Vieles hängt an der Grenzfrage. Die Angst vor einem harten Brexit wächst - denn May kommt von den Hardlinern zusehends unter Druck.

Die britische Premierministerin Theresa May hält eine Einigung mit der EU auf ein Brexit-Abkommen immer noch für möglich. Sie glaube weiter, dass ein Abkommen "erreichbar" sei, sagte die konservative Regierungschefin am Montag vor dem Parlament in London. Den Verhandlungsführern der EU und Großbritanniens war es am Sonntag anders als erhofft nicht gelungen, einen Durchbruch zu erzielen.

May erklärte bei einer kurzfristig angesetzten Rede im Unterhaus des britischen Parlaments am Montagnachmittag, dass man "gute Fortschritte" in den Verhandlungen erreicht habe. Die Irland-Frage bleibe aber ungeklärt. Eine Trennung Irlands oder auch eine verschobene EU-Grenze im Meer zwischen der irischen Insel und der britischen Hauptinsel komme nicht in Frage. Eine Backstop-Lösung, in der Nordirland in der EU-Zollunion bleiben und einen Großteil der Bestimmungen des europäischen Binnenmarktes weiter anwenden könnte, dürfe nur temporär sein.

Brexit-Gipfel am Mittwoch

Unter den 27 EU-Staaten herrscht Ernüchterung über den Stillstand bei den Brexit-Verhandlungen. Große Hoffnungen waren zunächst in ein Treffen Sonntagabend zwischen dem britischen Brexitminister Dominique Raab und EU-Chefverhandler Michel Barnier gesetzt worden. Doch gab es keine Fortschritte.

Ein für heute Montag angesetztes Treffen auf EU-Expertenebene zu den Brexit-Verhandlungen wurde abgesagt, hieß es in EU-Ratskreisen am Montag. Bis Mittwoch herrscht demnach Stillstand und Mittwochabend beginnt schon der EU-Brexit-Gipfel, bei dem eigentlich geplant war, einen Deal zumindest vorliegen zu haben, wenn nicht zu beschließen. Doch nun fehlt ein entsprechender Entwurf. Damit wächst das Risiko eines ungeordneten Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union.

"Die Zeit drängt jetzt arg", sagte der deutsche Außenminister Heiko Maas am Montag. "Wir sind auf alle Fälle vorbereitet." Doch noch glaube er an ein Abkommen zwischen EU und Großbritannien.

Der britischen Premierministerin May steht nun eine entscheidende Woche hervor: Bei einer Kabinettssitzung am Dienstag will May mit ihren Ministern die schwierige Frage der künftigen Grenzregelung zwischen Irland und dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland beraten und muss dabei eine mögliche Meuterei abwenden. Britischen Medien zufolge drohen weitere Minister, Mays Kabinett zu verlassen.

Die Königsfrage: Nordirland und die harte Grenze

Ihr früherer Brexit-Minister David Davis, der aus Ärger über Mays Brexit-Pläne im Juli zurückgetreten war, schrieb in der "Sunday Times", die Pläne der Premierministerin seien "vollständig inakzeptabel". Er forderte die Minister auf, in den kommenden Tagen ihre "gemeinsame Autorität" auszuüben.

Die künftige Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und der britischen Provinz Nordirland ist das größte noch nicht gelöste Problem der Verhandlungen. Beide Seiten wollen künftige Grenzkontrollen vermeiden. Die EU hatte vorgeschlagen, dass die britische Provinz de facto im Binnenmarkt und der Zollunion bleibt, wenn keine andere Lösung gefunden wird. May hat das bisher abgelehnt, weil dann Zollkontrollen zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs stattfinden müssten.

Großbritannien hatte sich zuletzt laut Medienberichten bereit erklärt, in einer temporären Zollunion mit der EU zu verbleiben. Die britische Premierministerin Theresa May steht innenpolitisch unter Druck, weil bei solch einer Regelung Großbritannien bis auf weiteres kein Freihandelsabkommen mit anderen Weltregionen, etwa den USA, abschließen könnte. Außerdem steht die mitregierende probritische nordirische Partei DUP einer Regelung kritisch gegenüber, die eine regulatorische Grenze zwischen Großbritannien und Nordirland schaffen würde.

(APA)

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