SPÖ und Neos beanstanden Auszeichnung für "Zur Zeit"

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Homepage von "Zur Zeit" mit den aktuellen AusgabenScreenshot: http://zurzeit.eu/
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Es sei ein "falsches und fatales Signal", eine Zeitschrift auszuzeichnen, die "rechtsextreme Inhalte verbreitet", empört sich die SPÖ. Auch die Neos üben Kritik. Die Zeitschrift distanziert sich indes von einem aktuell abgedruckten Text.

Die geplante Verleihung eines Medienpreises für die Herausgabe des rechts stehenden Blattes "Zur Zeit" im Palais Epstein sorgt für Kritik. Es sei ein "falsches und fatales Signal, dass im Gedenkjahr 2018 ein Verlag in den Räumlichkeiten des Parlaments ausgezeichnet wird, dessen Zeitschrift rassistische, deutsch-nationale und rechtsextreme Inhalte verbreitet", so die SPÖ. Auch die Neos übten Kritik.

Die SPÖ-Sprecherin für Gedenkkultur, Sabine Schatz, verwies in einer Aussendung am Montag auf die Einladung zum "Dinghofer-Symposium 2018", das am 8. November im Parlaments-Außenquartier Palais Epstein stattfindet. Dazu geladen hat - neben dem Institut selbst - auch die Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller (FPÖ). Neben anderen Ehrungen soll auch ein Medienpreis für die Herausgabe der FPÖ-nahen Zeitschrift "Zur Zeit" an den W3 Verlag vergeben werden. Die Laudatio wird laut Programm der frühere F.A.Z.-Journalist Reinhard Olt halten, der erst im September als neuer Autor beim rechten Monatsmagazin "alles roger?" vorgestellt wurde. Die Moderation bei der Preisverleihung hat laut Einladung FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz über.

Schatz: "Das ist der Regierungspartner von Kurz"

"Was an diesem Medium und dessen Verlag auszeichnungswürdig ist, ist unbegreiflich. Auch die Öffentlichkeit wird dafür kein Verständnis haben", sagte Schatz am Montag. "Diese FPÖ hält offenkundig rassistische, deutsch-nationale und rechtsextreme Elemente hoch und honoriert diese sogar. Das ist der Regierungspartner von Sebastian Kurz und der ÖVP im Gedenkjahr 2018", so die SPÖ-Abgeordnete.

Schatz verwies etwa darauf, dass sich das Magazin über die vermeintliche "rassische Durchmischung" in Kindergärten echauffiert "und die NS-Pogrome 1938 verharmlost" habe. "Ein 'Zur Zeit'-Autor hat im Magazin Adolf Hitler als 'großen Sozialrevolutionär' beschrieben, der keine Schuld am Zweiten Weltkrieg trage – und musste sich dafür vor Gericht verantworten", betonte Schatz. "2012 gab es gleich zwei Beschwerden vom Presserat – unter anderem für die mehrmalige Verwendung des 'N-Wortes' in einem Artikel. 2014 bezeichnete das Magazin Proteste gegen den Ball Deutschnationaler als 'Kristallnacht' und verharmloste damit die Novemberpogrome von 1938. Und 2015 untertitelte das Magazin ein Bild über Kindergärten mit: 'Die rassische Durchmischung ist unübersehbar.'"

Scherak: "Derartige Veranstaltungen... hinterfragenswert"

Äußerst skeptisch zeigte sich auch der stellvertretende Neos-Klubobmann Niki Scherak: "Offensichtlich müssen wir wieder darüber reden, was im Parlament veranstaltet werden kann und was nicht," meinte er in einer Aussendung. "'Zur Zeit' ist schon mehrmals mit äußerst fragwürdigen Artikeln aufgefallen. Ich bin der Meinung, dass solche Texte im Parlament nichts verloren haben. Derartige Veranstaltungen im Parlament abzuhalten und als Nationalratspräsidentin offiziell dazu einzuladen, ist hinterfragenswert."

Für Aufsehen in sozialen Medien sorgte unterdessen auch die jüngste Ausgabe der Zeitschrift (Nr. 40/2018). In einem Artikel mit dem Titel "Mehr Recht, Ruhe und Ordnung im Land" schlägt der Autor Lajos Rohonczy zahlreiche Verschärfungen vor, die sich "Otto Normalverbraucher" wünschen würde. Neben einem "Kopftuchverbot, Schleierverbot, Burkaverbot an allen öffentlichen Orten" steht auch "mehr Polizei auf der Straße" auf der Wunschliste des Verfassers. Außerdem heißt es: "Dann: Arbeitshaus wieder einführen, wobei Belohnungen und Sanktionen jeweils gruppenweise erfolgen, damit innerhalb der Gruppe Abweichler (Arbeitsunwillige, Simulanten) diszipliniert werden können. Schließlich Beweislastumkehr bei Berufsverbrechern." Auch schlägt Rohonczy die "Einführung einer Untauglichensteuer nach Schweizer Muster" vor, auch sei "im Sinne des Generationenvertrags" eine "Abgabe für Kinderlose" zu erwägen.

Im Schulbereich plädiert der "Zur Zeit"-Artikel für eine strengere Hand: "Mehr Möglichkeiten für Lehrer, die notwendige Disziplin durchzusetzen. Disziplinarrechtlich abgesichertes Verbot des Du-Wortes zwischen Lehrer und Schüler. Aufstehen beim Eintreten des Lehrers in den Unterrichtsraum, kein Lümmeln, Wiedereinführung des Karzers." Kein Verständnis wird für einige geisteswissenschaftliche Uni-Fächer geäußert: "Unnötige Studienrichtungen wie Politologie, Soziologie und Genderstudien sollen nur mehr zum Selbstkostenpreis angeboten werden", heißt es im Artikel. Den ORF wiederum solle man "von linksextremen Elementen säubern". Auch für das Asylwesen gibt es Vorschläge: "Keinerlei Integrationsmaßnahmen für Asylanten, weil das Asylrecht grundsätzlich befristet ist und Deutschkenntnis bei der Rückkehr nach Syrien, Afghanistan oder Afrika sinnlos sind. (sic!)"

Zeitschrift distanziert sich von kritisiertem Artikel

Das Magazin "Zur Zeit" hat sich am Montagnachmittag von dem oben erläuterten Artikel distanziert. Der Text sei "aus Versehen" ins Blatt gerutscht, so die via Aussendung verbreitete Erklärung der rechten Zeitschrift. "Das Wochenmagazin Zur Zeit distanziert sich vollinhaltlich in dem in der Ausgabe 40/2018 erschienen Text 'Mehr Recht, Ruhe und Ordnung im Land! - Was wünscht sich Otto Normalverbraucher?'", heißt es in der Aussendung des geschäftsführenden Redakteurs Bernhard Tomaschitz. "Dieser Text eines freien Mitarbeiters, der ursprünglich als Brutal-Satire gedacht war und in keinster Weise der Blattlinie entspricht, rutschte aus Versehen bei einem allzu hektischen Umbruch ungeprüft ins Blatt." Die Redaktion bedauere dies "und trennt sich umgehend von dem betreffenden freien Mitarbeiter, der nur sporadisch tätig war".

"Zur Zeit"

Die Zeitschrift "Zur Zeit" wurde 1997 von Andreas Mölzer, der damals für die FPÖ im Nationalrat saß, gegründet. Er fungiert nach wie vor als Herausgeber, gemeinsam mit Ex-ORF-Chefredakteur Walter Seledec.

(APA)

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