Kanada legalisiert Cannabis

Strenge Richtlinien: Der Anbau von Cannabis – wie hier in Gatineau, Quebec – wird streng kontrolliert.
Strenge Richtlinien: Der Anbau von Cannabis – wie hier in Gatineau, Quebec – wird streng kontrolliert.(c) REUTERS (CHRIS WATTIE)
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Ab Mittwoch ist in Kanada der Konsum von Cannabis straffrei. Produktion und Verkauf werden streng geregelt. Langfristig erwartet man sich einen Rückgang der Verbraucher.

Ottawa. In Kanada beginnt am Mittwoch eine neue Ära. Ab dem 17. Oktober können erwachsene Kanadier legal Cannabis auch als Freizeitdroge konsumieren. Kanada ist das erste große Industrieland, das diesen Schritt macht. Aber ganz reibungslos geht das nicht. Für viele Cannabis-Konsumenten wird es zunächst sogar etwas schwieriger, den begehrten Stoff zu beziehen. Erwartet werden Engpässe auf dem legalen Markt, einige Provinzen sind langsam beim Aufbau des Vertriebssystems.

Von einem „historischen Augenblick“ sprechen kanadische Medien. Am Mittwoch wird die seit 1923 bestehende fast hundertjährige Prohibition von Marihuana beendet. Der Konsum von Cannabis aus medizinischen Gründen ist in Kanada bereits 2001 legalisiert worden. Nun gilt dies – mit Alters- und Mengeneinschränkungen – auch für Marihuana als Freizeitdroge, das „recreational marihuana“.

Nach mehr als einjähriger intensiver Debatte haben die Kammern des kanadischen Parlaments im Juni das Cannabis-Gesetz verabschiedet, und der liberale Premierminister, Justin Trudeau, hat den 17. Oktober als Tag festgelegt, an dem es in Kraft treten wird. Damit wollte er den Provinzen, die schon seit Langem wissen, was auf sie zukommt, zusätzlich Zeit gegeben, den Verkauf zu regeln und ein Vertriebs- und Lizenzsystem aufzubauen.

Strikte Regulierung

Mehr als 15 Millionen Haushalte in Kanada erhalten in diesen Tagen von der Bundesregierung eine Postkarte, die über das Cannabis-Gesetz und die dahinterstehende Motivation informiert. Die Trudeau-Regierung begründet das Gesetz mit Gesundheitsschutz. Es soll durch strikte Regulierung von Produktion und Verkauf „Cannabis von Jugendlichen fernhalten und Kriminellen und organisiertem Verbrechen den Gewinn entziehen“. Sie hofft, dass durch die Regulierung und Aufklärungskampagnen über die Gefahren des Drogenkonsums die Zahl der Cannabis-Konsumenten letztendlich zurückgeht, wie es beim Tabakkonsum gelungen ist.

Nach Angaben der Regierung hat Kanada weltweit eine der höchsten Raten an Cannabis-Konsum junger Menschen. 2015 konsumierten 21 Prozent der Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren sowie 30 Prozent der 20- bis 24-jährigen Marihuana. Erwartet wird, dass über das von den Provinzen aufzubauende Verkaufssystem Cannabis zu einem Preis von rund zehn Dollar (etwa sieben Euro) pro Gramm gekauft werden kann. Hinzu kommt eine Steuer von einem Dollar pro Gramm, die vor allem in die Provinzen fließen soll. Mit dem Cannabis-Gesetz wurden neue Straftatbestände für den Verkauf von Cannabis an Jugendliche eingeführt, und die Strafvorschriften für Autofahren unter Drogeneinfluss werden verschärft. Der Bund muss nun die Polizei unterstützen, Fachkräfte auszubilden.

Und die Polizei warnt Touristen, die nach Kanada kommen, und Kanadier, die ins Ausland, vor allem in die USA, reisen: „Es ist illegal, Cannabis über die Grenze zu bringen, ob man Kanada verlässt oder einreist.“ Beim Grenzübertritt werden Reisende mit Fragen nach Cannabiskonsum rechnen müssen.

„Land nicht bereit“

Das Land sei für die Cannabis-Legalisierung nicht bereit, meinen die konservative und sozialdemokratische Opposition unisono. Die Umsetzung des Gesetzes sei die größte Herausforderung, meint auch Bill Blair, der frühere Polizeichef von Toronto und im Trudeau-Kabinett als Minister zuständig für das Cannabis-Gesetz. Es handele sich um eine „sehr signifikante Gesetzesänderung“, und für viele Bereiche seien die Provinzen und Territorien zuständig. Und dies deutet auf Probleme in den Provinzen hin. Die Vorbereitungszeit dürfte zu knapp gewesen sein.

Unstimmigkeiten gibt es darüber, wie viele Pflanzen für den Privatanbau erlaubt sein sollen. Zudem erlassen Provinzen unterschiedliche Regelungen, wo Marihuana in der Öffentlichkeit geraucht werden kann. Und in Ontario, Kanadas größter Provinz, hat die Anfang Juni gewählte rechtspopulistische Regierung quasi die ganze Vorarbeit der liberalen Vorgängerregierung vom Tisch gefegt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2018)

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