Der Parteichef sieht die bayerische CSU im "Sandwich" zwischen Grünen und AfD. Der Partei fehle es an Großstadtkompetenz und Profil beim Klimaschutz.
CSU-Parteichef Horst Seehofer ist dazu bereit, sich nach dem schlechten Ergebnis bei der Landtagswahl in Bayern einem Parteitag zu stellen. Nach der Regierungsbildung in München sei er im Zuge der Wahlanalyse "durchaus" dazu bereit, auch über personelle Konsequenzen zu reden, sagte der parteiintern in die Kritik geratene CSU-Vorsitzende am Dienstag in Berlin. Das könne auf einem CSU-Parteitag passieren, "weil die Basis da am besten versammelt ist". Entschieden sei dies aber noch nicht.
Die CSU hatte bei der Landtagswahl nur 37,2 Prozent erzielt, gut zehn Prozentpunkte weniger als 2013. Die Analyse des Ergebnisses solle zwischen Mitte November und der ersten oder zweiten Dezemberwoche stattfinden, sagte Seehofer. Die Partei müsse sich auch Gedanken über ihre programmatische Ausrichtung machen.
"Sandwich-Situation"
Nach den Worten des Parteivorsitzenden befindet sich die CSU derzeit in einer "Sandwich-Situation" zwischen den Grünen auf der einen und der AfD und den Freien Wählern auf der anderen Seite. In beide Richtungen seien der CSU Wähler verloren gegangen, stärker jedoch nach rechts.
Es sei jetzt schon klar, dass die CSU ihre "Großstadtkompetenz" aufbauen oder stärken müsse, sagte Seehofer. "Das ist ein Problembereich für uns." Zudem müsse die CSU "ein sehr starkes Profil" entwickeln in dem Themenbereich Umwelt, Naturschutz und Klima. "Da sind wir nicht gut als CSU."
Seehofer hat eingestanden, in der Flüchtlingsdebatte möglicherweise nicht immer Stil und Ton getroffen zu haben. Ansonsten habe er sich in den Diskussionen in der Großen Koalition über die Flüchtlingspolitik oder in der Causa Maaßen "immer an der Sache orientiert", sagte Seehofer am Dienstag in Berlin. Daher werde jetzt zuerst der neue bayerische Ministerpräsident gewählt und dann werde das schlechte Wahlergebnis in der CSU ausführlich analysiert und auch über mögliche personelle Konsequenzen entschieden.
Debatte über Fall Maaßen "unnötig"
Seehofer bekräftigte, im Fall des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, hätten von vorneherein drei Möglichkeiten auf dem Tisch gelegen, darunter eine Tätigkeit als Sonderberater. Da bei den Äußerungen Maaßens zu den fremdenfeindlichen Vorgängen in der sächsischen Stadt Chemnitz Ende August kein Dienstvergehen vorgelegen habe, schien ihm eine Beförderung zum Staatssekretär auf Grund der Fachkompetenz möglich gewesen.
Angesichts der öffentlichen Erregung habe man nochmals anders entschieden. Der Fall Maaßen sei völlig unnötig gewesen und habe manches andere, insbesondere die Sacharbeit, überstrahlt.
Größter CSU-Bezirk fordert Sonderparteitag
Geht es nach dem Willen des größten CSU-Bezirksverbands, sollen die Stimmenverluste auf einem Sonderparteitag aufgearbeitet werden. "Gestern war die Stimmung ganz klar für einen Parteitag", berichtete Bezirkschefin Ilse Aigner am Dienstag in München aus der Sitzung des Bezirksvorstands am Vorabend. Denkbar seien ein großer oder ein kleiner Parteitag, aber auch eine Konferenz der Ortsvorsitzenden. Aigner ließ offen, ob es dabei um inhaltliche oder auch personelle Konsequenzen gehen könnte. Oberbayern ist der Heimatbezirk von Seehofer.
Vor der ersten Sitzung der neuen CSU-Fraktion am Dienstag in München bekräftigten mehrere CSU-Abgeordnete die vom Parteivorstand beschlossene Vorgehensweise, erst eine Koalition zu bilden und dann über Konsequenzen aus dem Wahlergebnis zu beraten. "Es hat überhaupt keinen Sinn, das parallel zu machen", sagte Fraktionschef Thomas Kreuzer. Ähnlich äußerten sich Aigner und der oberbayerische Abgeordnete Florian Herrmann, der als Staatskanzleichef einer von Söders wichtigsten Mitarbeitern ist. In der Partei wird befürchtet, dass eine Personaldebatte einen Erfolg bei Söders Koalitionsgesprächen torpedieren könnte.
(APA/AFP/dpa)