Autoren beklagen Ende des Deuticke-Verlags

Der österreichische Traditionsverlag, der schon seit 2004 zum Münchner Carl Hanser Verlag gehört, soll 2019 endgültig Geschichte sein. Das schmerzt zahlreiche Schriftsteller, die in einem Brief vor einem "strategischen Fehler" warnen.

Der Wiener Deuticke Verlag ist bald Geschichte. Oder, wie es zahlreiche österreichischen Schriftsteller in einem gemeinsamen Brief ausdrücken: "eine österreichische Verlagsära [soll] sang- und klanglos zu Ende gehen."

Der über 125 Jahre alte Verlag, der u.a. Sigmund Freuds "Traumdeutung" (1900) und C.G. Jungs Erstausgabe von „Wandlungen und Symbole der Libido“ (1912) veröffentlichte, soll mit dem Frühjahrsprogramm 2020 "in der Marke Zsolnay aufgehen", wie am Dienstag in einer Aussendung bekannt gegeben wurde. Deuticke ist seit 2004 ein Imprint der Paul Zsolnay Verlag Ges.m.b.H und damit Teil des Münchner Carl Hanser Verlags.

Nachdem die langjährige Deuticke-Verlagsleiterin Martina Schmidt im Oktober 2019 in Pension geht, soll also der Name Deuticke verschwinden. Ab 2020 werden sämtliche neuen Titel sowie alle Neu- und Wiederauflagen unter dem Zsolnay-Logo firmieren. Zwar soll "die grundsätzliche programmatische Ausrichtung des Hauses sowie die Anzahl der jährlich erscheinenden Bücher" gleich bleiben, heißt es in der Aussendung. "Der Verlag wird sich jedoch stärker auf den Ausbau der Marke Zsolnay konzentrieren."

Unterzeichnet: U.a. Glattauer, Geiger, Molden

Einige namhafte Autoren befürchten aber, dass mit dem Ende der Marke Deuticke auch die Publikationsmöglichkeiten für österreichische Autoren sinken könnten. In einem gemeinsamen Brief, der von u.a. Paulus Hochgatterer, Daniel Glattauer, Arno Geiger, Ernst Molden, Sibylle Hamann und Martin Amanshauser unterzeichnet wurde, sprechen sie sich gegen die Schließung von Deuticke aus: "Selbstverständlich ist es das Recht der Hanser-Verlagsgruppe umzustrukturieren", heißt es in dem Brief. "Dass die Verlagsbezeichnung „Deuticke“ ganz verschwinden soll, halten wir jedoch für einen strategischen Fehler. Mit der Auflösung wird die Marke und damit ihr Wert unwiederbringlich verschwunden sein."

Die Autoren weisen darauf hin, dass aus "Synergiegründen" schon zahlreiche Mitarbeiter des Verlags abgebaut worden seien. Der Noch-Verlagsleiterin Schmid streuen sie Rosen: "Für uns war und ist sie die Personifizierung einer Verlagschefin, wie wir sie uns wünschen. Einige von uns hat sie persönlich entdeckt, die meisten hat sie lektoriert, alle hat sie gefördert. Bei ihr spürte man immer, dass es ihr nicht nur um Verkaufszahlen, sondern ebenso um die Autor/innen und Mitarbeiter/innen ging. Mehr noch als das Verlagshaus bedeutete Martina Schmidt als Person für uns eine literarische Heimat."

Folgende Autoren haben den Brief unterzeichnet:

Linda Stift, Paulus Hochgatterer, Dimitré Dinev, Sibylle Hamann, Daniel Glattauer, Peter Henisch, Walter Kappacher, Stefan Kutzenberger, Arno Geiger, Kurt Palm, Klaus Werner-Lobo, Stephan Eibel-Erzberg, Britta Mühlbauer, Margarita Kinstner, Ernst Molden, Radek Knapp, Anton Badinger, Jan Kossdorf, Christian Mähr, René Freund, Helmut Peschina, Heinz Janisch, Christian Futscher, Irene Diwiak, Simon Hadler, Hannes Leidinger, Verena Moritz, Thomas Seifert, Rudi Klein, Manfred Chobot, Mathias Nolte, Monika Wogrolly, Gerald Schmickl, Martin Schenk, Martin Amanshauser

(Red.)

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