Wien hat erstmals mit der Polizei Zahlen zu Gewalt an Schulen erhoben und daraus nun Maßnahmen erarbeitet. Unter anderem bei den Suspendierungen.
Wien. Das angekündigte Regelbuch gegen Gewalt an Schulen ist relativ dünn ausgefallen: „Wenn ihr hiergegen verstoßt, kann es zu einer Meldung an die Polizei sowie zu einer Anzeige kommen“, steht rot und fett gedruckt in dem Entwurf für die zweiseitige Broschüre, die Wiens Schüler in wenigen Wochen in die Hand bekommen sollen.
Die Broschüre – die in abgewandelter Form auch Lehrer und Eltern über Rechte, Pflichten und Sanktionen aufklärt – ist ein Teil der Maßnahmen, die Bildungsdirektor Heinrich Himmer (SPÖ) in einem Runden Tisch mit Lehrern, Eltern, Schülern, Politikern, Polizei und anderen erarbeitet hat.
Nach den hitzigen Debatten im Frühjahr („Die Presse“ berichtete) gibt es nun auch erstmals offizielle Zahlen, die die Bildungsdirektion gemeinsam mit der Polizei erhoben hat. Demnach gab es vergangenes Schuljahr bei rund 230.000 Schülern und knapp 200 Schultagen 258 Anzeigen wegen Gewaltdelikten an Schulen, die meisten (138) in Mittelschulen. Suspendierungen gab es insgesamt 278. Diese Maßnahme stellt Himmer prinzipiell infrage – nachdem das bundesgesetzlich festgeschrieben ist, soll die Suspendierung in Wien zumindest etwas anders werden.
Ein Schulpsychologentermin wird für Suspendierte in Wien verpflichtend, zudem sollen sie ein Gespräch mit speziell geschulten Polizisten absolvieren. Damit eine Suspendierung nicht einfach mehr Freizeit im Einkaufszentrum bedeutet, sollen die Schüler trotzdem den Stoff holen und Hausaufgaben machen müssen. Und in der Bildungsdirektion verfolgt ein Case Manager den jeweiligen Fall.
Als Pilotprojekt sollen weitere Maßnahmen an den 13 Polytechnischen Schulen ausprobiert werden, teils in enger Kooperation mit der Polizei: Gewaltprävention und Drogenprävention, zudem insgesamt 800 zusätzliche Deutschstunden, in denen die Schüler lernen sollen, bei Konflikten Worte zu nutzen statt zuzuschlagen.
Die Maßnahmen sollen dann auf andere Brennpunkte ausgeweitet werden. Laut Himmer ist die Situation an etwa 25 Schulen in der Hauptstadt besonders problematisch; grundsätzlich sollte sich aber jede Schule dem Thema stellen.
Bei den Anzeigen ortet Wiens Vizepolizeichef Michael Lepuschitz noch eine Dunkelziffer. Seiner Einschätzung nach könnte die Zahl künftig noch steigen – wenn sich mehr Schulen trauen, die Polizei einzuschalten. (beba)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2018)