Der Eiertanz ums Kopftuch im Weltmuseum

„Wiener Chic“ (2018), eine Last aus Schönheit und Tradition: Susanne Bisovsky im Weltmuseum.
„Wiener Chic“ (2018), eine Last aus Schönheit und Tradition: Susanne Bisovsky im Weltmuseum.(c) Bisovsky/Preiml
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Den Frauen wurde schon in christlichen Urzeiten der „Schleier als Joch“ an den Hals gewünscht. Das soll aber nicht als Ausrede für den problematischen Umgang mit dem Symbol einer muslimischen Verhüllungskultur dienen.

Kann man eine „neutrale“ Ausstellung zum Thema Kopftuch machen? Nein. Da kann man noch so oft betonen, „tagespolitische Themen“ nicht spiegeln zu wollen, wie es der Direktor des Weltmuseums, Christian Schicklgruber, und der Kurator Axel Steinmann bei der Pressekonferenz zu „Verhüllt, enthüllt! Das Kopftuch“ getan haben. Es ist absurd, es macht misstrauisch. Gibt es in unserer Zeit doch kein umstritteneres Symbol, jeder Move, jede Auswahl von Künstlern, Exponaten, Zitaten wird zum Kommentar. Mit einer strikt historischen Schau könnte man noch neutralen Boden gewinnen. Aber nicht, wenn man bis ins Heute geht, sich wie das Weltmuseum noch dazu bewusst dafür entschieden hat, neben Ethnologen und Historikern auch zeitgenössische bildende Künstler, Designer und Teppichhändler um ihre Meinung zu fragen.

Die Ausstellung beginnt prominent mit einer vermummten Frauengestalt, dem fast lebensgroß aufgeblasenen historischen Stich der „Venezianischen Jungfrau“ aus dem Renaissancebuch „Trachten mancherley Völcker“. Wohin die Reise geht, wird hier gleich klar: um den kritischen Blick aufs Eigene. Es folgt ein Raum stärksten Kontrasts, eine klischeehaft orientalistisch-sinnliche Materialstoffschlacht, in dem sich „das Kopftuch“, und zwar eindeutig das muslimische, in unendlich viele Kopftücher auflöst: Die steirische Künstlergruppe G.R.A.M. zeigt in einer Panoramamontage eine schier unendlich wirkende Basarsituation, in der Frauen nach Kopftüchern wühlen, kein angenehmes Bild. Direkt anschließend läuft das spätestens seit ihrer Lentos-Retrospektive berühmte Video von Nilbar Güres, die sich ein Kopftuch nach dem anderen abnimmt, um uns am Ende lachend und unverhüllt gegenüberzusitzen.

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