SPÖ: Ein bisschen Reform und ein degradierter Kaiser

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In entschärfter Form sollen Neuerungen des Parteistatuts kommen. Luca Kaiser darf nur auf Platz neun kandidieren. Sein Vater Landeshauptmann Peter Kaiser ist erzürnt.

Wien. Die Genossen hatten einander viel zu sagen. Später als gedacht konnte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner am Donnerstagabend nach Sitzungen des SPÖ-Vorstands und des Parteipräsidiums vor die Medien treten. „Die Phase der Selbstbeschäftigung muss irgendwann zu Ende kommen. Dieses Ende muss hier und jetzt sein“, sprach sie.

Als Zeichen dafür konnte sie Beschlüsse zur Parteireform und die Liste für die EU-Wahl im Mai 2019 verkünden. So kommt die nach dem Abgang von Christian Kern auf Betreiben der Wiener SPÖ verschobene Statutenreform nun doch, wenn auch in abgeschwächter Form. Vor allem die Parteijugend sowie einzelne Länder – allen voran die Steiermark – hatten dafür plädiert, zumindest Teile der Reform rasch umzusetzen.

Bei der Mitsprache der Parteimitglieder bei Koalitionspakten gibt es aber eine deutliche Änderung. Der Parteivorstand wird mehr Gewicht haben. Nur wenn es im Vorstand eine Mehrheit für eine Mitgliederbefragung gibt, wird der Koalitionspakt den SPÖ-Mitgliedern zur Abstimmung vorgelegt. Bei dieser müssen mindestens 20 Prozent teilnehmen, um eine verbindliche Vorgabe für die Partei erzeugen zu können.

Bei inhaltlichen Fragen können künftig fünf Prozent der Mitglieder eine Parteiumfrage beantragen, sind es zehn oder mehr, wird das Ergebnis bindend. Über diesen Weg könnte indirekt von der Basis aus auf Ergebnisse von Koalitionsverhandlungen eingewirkt werden. Ein Koalitionspakt kann so aber nicht gekippt werden, denn der Mitgliederentscheidkönne nur die Parteilinie beeinflussen, hieß es aus der SPÖ.

Das ursprüngliche Modell – das bei einer Befragung im Frühjahr 70 Prozent der SPÖ-Mitglieder befürwortet hatten – sah vor, dass Koalitionsabkommen allen SPÖ-Mitgliedern im Rahmen einer Befragung vorgelegt werden müssen, sofern dies von einem Teil der Mitglieder gewünscht wird. Bindend sollte das Ergebnis bei einfacher Mehrheit und mindestens 20 Prozent Beteiligung sein.

Was die Notwendigkeit der Zwei-Drittel-Mehrheit für ein neuerliches Antreten nach zehn Jahren in einer Funktion bei einer Wahl anbelangt, so wird die ursprünglich geplante Regelung ebenfalls abgeschwächt. Sie gilt nur noch für Bundeslisten.

Für Diskussionen hat auch gesorgt, dass die Kärntner SPÖ Luca Kaiser, den Sohn von Landeshauptmann Peter Kaiser, als Kärntner Spitzenkandidaten auf Platz sechs der Bundesliste für die EU-Wahl ins Rennen schicken wollte. Das brachte der Partei nicht nur den Vorwurf des Nepotismus ein. Auch wurde Luca Kaiser ein Tweet aus dem vergangenen Jänner vorgeworfen. „Österreich ist eine Nazion mit einem scheiß Innenminister. #kickl“, hatte Kaiser damals via Twitter erklärt. Die FPÖ sprach wegen der Wortwahl von einer „inakzeptablen Grenzüberschreitung“ und forderte Luca Kaisers Rücktritt.

Kaiser erklärte, dass er die Wortwahl zurücknehme. Der Tweet sei eine emotionale Reaktion auf Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und dessen Aussage gewesen, er wolle Flüchtlinge in Lagern konzentrieren.

Mit Platz sechs auf der Liste wird aber es nichts, Kaiser soll nach dem Beschluss der SPÖ-Spitzen jetzt nur auf dem (aussichtslosen) neunten Platz in die EU-Wahl gehen. 2014 hatte die SPÖ fünf Mandate bei der EU-Wahl gemacht. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda betonte bei der Pressekonferenz, die Listenerstellung sei auf Grundlage des Reißverschlusssystems nach objektiven Kriterien erstellt worden. Hätte Kärnten eine Frau als Spitzenkandidatin gewählt, wäre es „ein besserer Listenplatz gewesen“.

Vater Kaiser ärgert Umgang mit Sohn

Neben Spitzenkandidat Andreas Schieder wird EU-Mandatarin Evelyn Regner Platz zwei auf der Liste einnehmen. Platz drei geht an Günther Sidl (Niederösterreich) vor Bettina Vollath (Steiermark), Hannes Heide (Oberösterreich) sowie SJ-Chefin Julia Herr auf Platz sechs. Die 25-Jährige bekam den Platz als sogenannte Jugendkandidatin, sie ist aber ein Jahr älter als Luca Kaiser. Dass dieser nicht zum Zug kam, sorgte für Unmut aus dem Süden. Vier Kärntner Genossen stimmten gegen die EU-Liste. Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser äußerte „großes Unverständnis“ dafür, dass sein Sohn Luca nach hinten gereiht wurde. Kärnten hätte sich einen besseren Listenplatz verdient, argumentierte er. Endgültig beschlossen werden die Liste und die Statutenreform beim SPÖ-Parteitag am 24. November in Wels. (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2018)

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