Pink vs. Türkis-Blau: "Mit Europa spielt man nicht"

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger bei der Sondersitzung des Nationalrates zum Thema Grenzkontrollen
Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger bei der Sondersitzung des Nationalrates zum Thema GrenzkontrollenAPA/ROLAND SCHLAGER
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Anstatt über die Verlängerung der Grenzkontrollen wurde im Nationalrat über die Frage gestritten, welche Partei nun die EU zerstören wolle. Einen Ordnungsruf setzte es für den freiheitlichen Generalsekretär - nachträglich.

Die von den Neos angeforderte Sondersitzung des Nationalrats zur Verlängerung der Grenzkontrollen hat sich am Freitag zu einem Schlagabtausch über die Frage, wer nun mit seiner Politik die EU zerstöre, entwickelt. Während die Pinken harsche Kritik an der türkis-blauen Bundesregierung und deren Vorhaben übten, sahen ÖVP und Freiheitliche die Neos auf der falschen Fährte.

Den Ton gab zunächst Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger vor, die meinte: "Wer die Grundfreiheiten in Frage stellt, stellt Europa im Ganzen im Frage." Mit Europa spiele man aber nicht: "Wehret den Anfängen." Die Regierung nehme den Menschen und der Wirtschaft die Freiheit und stellten sich mit ihrer Politik gegen das vereinte Europa. Als Grund für dieses Verhalten ortete Meinl-Reisinger ein türkis-blaues Geschäftsmodell, Bedrohungsszenarien und Ängste zu schüren. Kanzleramtsminister Gernot Blümel, der Regierungschef Sebastian Kurz (beide ÖVP) vertrat, wies die Angriffe umgehend zurück. Es sei "zutiefst anti-europäisch", wenn man gegen Grenzkontrollen anrede, richtete er den Neos aus. Als vor drei Jahren die Menschen unkontrolliert ins Land geströmt seien, sei das eine "Selbstaufgabe des liberalen Rechtsstaates" gewesen.

Die Debatte im Nationalrat:

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Kontrollen seien eben nötig, bis es einen effektiven Außengrenzenschutz gebe - und Österreich sei nicht alleine, auch Deutschland, Schweden, Dänemark, Frankreich und Norwegen würden weiter Grenzkontrollen anstreben, führte Blümel weiter aus. Assistiert wurde er von Parteifreund und Ex-Klubobmann Reinhold Lopatka: Nichts sei wichtiger als das Vertrauen der Menschen in das europäische Projekt. Eine Politik wie jene der Neos richte furchtbaren Schaden für die EU an. Ganz anders Neos-Vizechef Nikolaus Scherak: er sieht die Koalition am Weg, "unser gemeinsames Europa abzubauen und zu zerstören".

SPÖ: "Sie wollen in Europa den Sozialstaat zerstören"

Als Inländerpartei positionierte sich in der Folge die FPÖ. Deren Abgeordneter Roman Haider mahnte: "Mit der Sicherheit der Österreicher spielt man nicht." Um die "unerträgliche Auswirkung" der Politik offener Grenzen zu dokumentieren, las er minutenlang Berichte über ausländische Tatverdächtige in Österreich vor. Der Konter kam prompt: Peter Pilz von der Liste Pilz setzte die Aufzählung fort, allerdings mit Taten von verurteilten freiheitlichen Straftätern: "Da hilft kein Grenzschutz, da hilft nur ein funktionierender Rechtsstaat", meinte Pilz. In der Sache beurteilte er die Grenzkontrollen als sinnlos. Im Burgenland kämen heuer sieben Soldaten auf einen Aufgegriffenen, in der Steiermark sogar fast 16. Nötig wäre, dass Österreich endlich vor Ort helfe.

Für eine Art EU-Wahlkampf-Auftakt nützte SPÖ-Vizeklubchef Andreas Schieder seinen Auftritt. Nur kurz riss er das eigentliche Thema an, wobei er meinte, dass Grenzkontrollen alleine nicht helfen würden, Migrationsprobleme in Griff zu bekommen. Viel ausführlicher widmete er sich grundsätzlicher Koalitonsschelte in europäischen Angelegenheiten. Angeprangert wurde alles mögliche von Sozialabbau über Einschränkung der Pressefreiheit bis hin zur Absage des europäischen Sozialministerrats: "Sie wollen auch in Europa den Sozialstaat zerstören."

Ordnungsruf für FPÖ-Generalsekretär 

Einen Ordnungsruf gab es am Freitag schon vor Beginn der Debatte und zwar von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) nach Ansicht des Protokolls der gestrigen Sondersitzung für FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker. Dieser hatte am Donnerstag bei der Angelobung von Meinl-Reisinger als Abgeordnete "Die Kollegin war schon einmal da! Die ist keine Jungfrau!" zwischengerufen. Die Neos zeigten sich über das Niveau des Freiheitlichen in der Folge erschüttert.

(APA/Red.)

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