Polen muss Zwangspensionierung von Richtern stoppen - und zwar sofort

Ein Demonstrant steht mit der EU-Flagge unter einer riesigen weiß-roten Fahne Polens.
Ein Demonstrant steht mit der EU-Flagge unter einer riesigen weiß-roten Fahne Polens. REUTERS
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Die Anordnung des Europäischen Gerichtshofs ist eine schwere Schlappe für die Regierung in Warschau. Und sie gilt auch rückwirkend - also für bereits pensionierte Mitglieder des Obersten Gerichts.

Polen muss die umstrittene Zwangspensionierung von Richtern mit sofortiger Wirkung stoppen. Eine entsprechende einstweilige Anordnung erließ am Freitag der Europäische Gerichtshof in Luxemburg. Die Anordnung gilt sogar rückwirkend für die bereits pensionierten Richter des polnischen Obersten Gerichts.

Die einstweilige Anordnung war Anfang des Monats von der EU-Kommission in Brüssel beantragt worden. Die für die Verfolgung von Verstößen gegen EU-Recht zuständige Behörde ist der Ansicht, dass mit den Zwangspensionierungen gegen den Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit verstoßen wird. Es werde insbesondere auch das Prinzip der Unabsetzbarkeit von Richtern untergraben, heißt es in Brüssel.

Polen meint, Justizreformen seien mit EU-Recht vereinbar

Für die polnische Regierung gilt die Anordnung des EuGH als schwere Schlappe. Sie argumentiert seit Monaten, dass ihre umstrittenen Justizreformen nicht gegen EU-Recht verstoßen. Im konkreten Fall geht es um ein Gesetz zum Obersten Gericht. Mit ihm wird das Pensionsalter für Richter von 70 auf 65 Jahre herabgesetzt worden. Dies nutzte die politische Führung seit Anfang Juli dazu, mehr als 20 Richter in den Ruhestand zu schicken. Darunter ist auch die Erste Präsidentin des Gerichts, Malgorzata Gersdorf.

Die Anordnung sieht auch vor, dass bereits betroffenen Richtern mindestens bis zum abschließenden EuGH-Urteil eine Fortsetzung ihrer Arbeit ermöglicht werden muss. Auch Nachbesetzungen dürften nicht mehr erfolgen.

(APA)

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