Die SPÖ im südlichsten Bundesland fühlt sich von der Bundespartei schlecht behandelt. Der Grund: die Liste für die EU-Wahl. Kärnten hatte den Sohn des Landeshauptmanns als Spitzenkandidaten des Landes nominiert und einen wählbaren Platz gefordert.
Wien. Die SPÖ kommt nicht zur Ruhe. Diesmal ist es der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser, in den vergangenen Jahren eher ein stabilisierender Faktor in der Partei, der sich offen gegen die Parteispitze stellt. Kaiser drohte am Freitag an, sich aus seiner Funktion als stellvertretender Bundesparteichef zurückziehen zu wollen. Für die neue Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner, die sich schon der Kritik aus Wien und der Steiermark hatte stellen müssen, wird es die nächste innerparteiliche Machtprobe.
Grund des Konflikts ist die Erstellung der Kandidatenliste für die EU-Wahl. Kärnten hatte ausgerechnet den Sohn des Landeshauptmanns, den erst 24-jährigen Luca Kaiser, als Spitzenkandidaten des Landes nominiert und einen wählbaren Platz für ihn gefordert. Der Wunsch wurde nicht erfüllt: Kaiser steht nun auf Platz neun der Bundesliste, vermutlich dürften nicht mehr als fünf bis sechs SPÖ-Vertreter ins EU-Parlament einziehen.
Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda hatte die Reihung mit objektiven Kriterien begründet: Wer hinter Spitzenkandidat Andreas Schieder zum Zug kommt, entscheidet sich nach Größe des Bundeslandes, Ergebnis bei der Nationalratswahl und Stärke der Landespartei. Außerdem sei das Reißverschlusssystem Mann-Frau zu beachten. So wurde anstelle von Kaiser Junior die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend, Julia Herr, als „Jugendvertreterin“ nominiert. Herr ist übrigens ein Jahr älter als Kaiser.
Österreich eine „Nazion“
Nicht offiziell angesprochen, aber vermutlich ausschlaggebend für die Rückreihung des Kärntner Kandidaten war die negative öffentliche Beurteilung von Kaisers Antreten. Da ging es erstens um den Vorwurf des Nepotismus, zweitens aber auch um einen Tweet, den der Jungpolitiker im Jänner über Twitter abgesetzt hatte, und der am Donnerstag die Runde machte: „Österreich ist eine Nazion mit einem scheiß Innenminister #kickl“.
Luca Kaiser distanzierte sich von der Wortwahl, diese sei eine „emotionale Reaktion“ auf die Aussage des Innenministers gewesen, er wolle Flüchtlinge in Lagern „konzentrieren“. Trotzdem brach ein „Shitstorm“ über den Jungpolitiker herein.
Peter Kaiser steht weiter zu seinem Sohn und ist empört über die Entscheidung der Bundespartei. Nun soll es am 19. November zu einer Aussprache kommen: Rendi-Wagner und Drozda werden in den Landesparteivorstand eingeladen und sollen dort das Auswahlverfahren für diese und für künftige Kandidatenlisten erklären. Kärnten als inzwischen erfolgreichste Landespartei fühlt sich dabei schlecht behandelt. Die Stärke der Landespartei müsse einen höheren Stellenwert haben als derzeit, heißt es aus der Kärntner SPÖ.
Von dieser Aussprache macht es Landesparteichef Peter Kaiser abhängig, ob er bei dem wenige Tage später stattfindenden Bundesparteitag wieder als stellvertretender Parteichef kandidiert. Macht er dies nicht, wäre das zweifellos eine Schwächung von Parteichefin Rendi-Wagner, die bisher auf Kaiser zählen konnte, während ihr der rechte Parteiflügel um den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig und den burgenländischen Parteichef Hans Peter Doskozil von Anfang an kritisch gegenüber stand.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2018)