Der Koalitionspartner wehrt sich gegen den Alleingang der SPÖ.
Wien. Die Wiener Grünen haben sich am Freitag aus den Untiefen ihres internen Flügelkampfes um die Parteiführung kurz zurückgemeldet. Sie lieferten eine Überraschung und stoppten ihren Koalitionspartner SPÖ. Denn die Grünen legen sich gegen die Maulkorbpflicht für Listenhunde quer. Die aber war von Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) nach dem Tod eines Einjährigen infolge einer Rottweiler-Attacke erst vor knapp mehr als einer Woche groß in einer Pressekonferenz angekündigt worden.
Nur ist die Zeit der absoluten Mehrheit der SPÖ in Wien schon länger vorbei. Dummerweise wurde der Koalitionspartner vor der Ankündigung dieser Maßnahme nicht eingebunden. Ein Grund mehr für die mäßig begeisterten Grünen, Flagge zeigen zu wollen. Deren Verhandler, Rüdiger Maresch, sagt im Gespräch der „Presse“: „Das war ein Schnellschuss der Stadträtin. Wir wollen da noch Experten hören.“ Ob ihm Hunde wichtiger als Menschen sind? Die Antwort von Maresch: „Das ist eine böse Frage. Natürlich nicht. Tierschutz und Sicherheit müssen zusammengehen.“
Zum besseren Verständnis: Die Grünen sind in dieser Frage von einem wichtigen Teil ihrer (geschrumpften) Klientel getrieben, den Tierschützern. So kündigte am Freitag der Verein gegen Tierfabriken Widerstand gegen eine kombinierte Beißkorb- und Leinenpflicht für Listenhunde an und startete eine Petition. „Schnauzenfreiheit ist für die Hunde extrem wichtig“, so die Argumentation. Beim Tragen eines Maulkorbs könnten Tiere (erst recht) aggressiv werden. Allerdings hatte der Rottweilerklub, der für eine Beißkorbpflicht plädiert, dem widersprochen: Das würde dem Tier nicht schaden, wurde erklärt.
Für Stadträtin Sima ist der verpflichtende Maulkorb jedenfalls „alternativenlos“ und ein „unverzichtbares Kernstück“ einer Gesetzesnovelle, wie sie der APA erklärt: „Ich bin wild entschlossen, das durchzusetzen.“ Der Rest der Novelle des Tierschutzgesetzes, die eine 0,5-Promille-Alkohol-Grenze für Halter von Kampfhunden sowie eine Verschärfung des Hundeführscheins vorsieht, soll aber wie geplant nächsten Donnerstag im Landtag beschlossen werden.
Grüner Nachfolgekampf
Apropos Grüne. Rund 1850 Wiener haben sich für die grüne Spitzenwahl registrieren lassen. Damit können mehr externe Sympathisanten denn reguläre Parteimitglieder darüber entscheiden, wer die neue Nummer eins der Grünen wird und sie in die Wien-Wahl 2020 führen wird. Wahlberechtigte Parteimitglieder gibt es rund 1400, erklärten die Grünen am Freitag, nachdem die Registrierungsphase geendet hatte.
Konkret rittern fünf Kandidaten um den ersten Listenplatz und damit auch um die Nachfolge von Stadträtin und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, die angekündigt hat, sich im Lauf des kommenden Jahres von allen Ämtern zurückzuziehen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2018)