Gewalt und Chaos überschatten Parlamentswahlen in Afghanistan

REUTERS/Omar Sobhani
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Ein Selbstmordattentat in der Nähe eines Wahllokals reißt 15 Menschen in den Tod. Viele Menschen ließen sich aber nicht von Terror an der Stimmabgabe hindern.

Die Parlamentswahl in Afghanistan ist nach Öffnung der Wahllokale von Gewalt und organisatorischen Problemen überschattet worden.

Bei einem Selbstmordanschlag sind am Samstag in Kabul mindestens 15 Menschen getötet worden. Das bestätigte der Sprecher des Innenministeriums, Nasrat Rahimi. Unter den Toten befänden sich mindestens acht Polizisten. Mindestens 60 Personen seien verletzt worden.

Der Sprecher der Polizei von Kabul, Kiam Basir Mujahid, sagte, dass sich ein Selbstmordattentäter in der Nähe eines Wahllokals im nördlichen Stadtteil Sar-i Kottal in die Luft gesprengt habe, nachdem er als Attentäter identifiziert worden sei.

Schon zuvor waren bei Explosionen in Kabul drei Polizisten getötet und mehrere Menschen verletzt worden. Aus mindestens drei Provinzen wurden Kämpfe zwischen den Sicherheitskräften und den radial-islamischen Taliban gemeldet. Mehrfach wurden Probleme mit dem biometrischen Registrierverfahren deutlich, das erst kurz vor der Wahl eingeführt wurde. Die Wahlkommission kündigte an, in einigen Teilen des Landes werde die Abstimmung wegen der organisatorischen Schwierigkeiten bis Sonntag verlängert.

Mutige Wähler

Viele der rund neun Millionen Wahlberechtigten zeigten sich am Morgen unbeirrt von den Hindernissen. In der Provinz Baghlan bildeten Männer und Frauen eine Menschenkette, um Selbstmordattentäter vor sechs Wahllokalen fernzuhalten. Die Wahl hatte um 7 Uhr Ortszeit (04.30 Uhr MESZ) begonnen und sollte ursprünglich bis 16 Uhr dauern.

Mit dem Gesamtergebnis wird aufgrund der komplizierten Auszählung frühestens in zwei Wochen gerechnet. Um die 249 Sitze im Parlament bewerben sich gut 2500 Kandidaten. Dazu kommt noch ein Sitz, der für die Minderheit der Sikh reserviert ist. Die Taliban, die ein Drittel des Landes kontrollieren, haben zum Boykott der Abstimmung aufgerufen.

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Probelauf für Präsidentschaftswahl

In der Provinz Kandahar im Süden des Landes war die Wahl nach dem Anschlag auf den dortigen Polizeichef um eine Woche verschoben worden. Zunächst war eine landesweite Aussetzung befürchtet worden, die Wahlkommission sträubte sich aber dagegen. Sie fürchtete einen schweren Rückschlag für die Demokratisierung Afghanistans, das seit 17 Jahren unter Krieg leidet.

Die Parlamentswahl ist auch ein Probelauf für die im April geplante Präsidentenwahl und ein Test, ob die vom Westen gestützte Regierung in Kabul die Sicherheit gewährleisten kann. Tausende Polizisten und Soldaten sind im ganzen Land im Einsatz. Aus Sicherheitsgründen werden nur 5100 der ursprünglich geplanten 7355 Wahllokale geöffnet. Die UN haben sich besorgt gezeigt über Drohungen der Taliban, Schulen und andere als Wahllokale genutzte Gebäude anzugreifen. Die Extremisten hatten erklärt, die Wahl sei dem Land von außen aufgezwungen worden und widerspreche dem Islam sowie der afghanischen Kultur.

(Reuters)

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