Eugenie Schwarzwald: Salonière, Schwätzerin, Schulreformerin

Schülerinnen wie Hilde Spiel erleben ihren Unterricht als „Jahre des Glücks“: Eugenie Schwarzwald.
Schülerinnen wie Hilde Spiel erleben ihren Unterricht als „Jahre des Glücks“: Eugenie Schwarzwald. (c) Archiv/ Robert Streibel
  • Drucken

Als Pionierin des Schulwesens kämpfe Eugenie Schwarzwald für eine Schule der Freude, in der Fantasie, Kreativität und Selbstbewusstsein gefördert werden. Elias Canetti, Karl Kraus und Robert Musil beschreiben ihre ambivalente Persönlichkeit.

Ein weiter Weg. Von Galizien, dem Armenhaus der Monarchie, wo Ende des 19. Jahrhunderts jährlich mehr als 50.000 Menschen den Hungertod sterben, in einen feudalen Wiener Salon. In ein vom Hausfreund Adolf Loos eingerichtetes kleines, einstöckiges Palais in der Josefstadt. Der Weg der Eugenie Schwarzwald.

Der Dichter Jakob Wassermann, selbst häufiger Gast im offenen Hausder Salonière Genia Schwarzwald, beschreibt die imposante, resolute, unkonventionelle Person mit „einer Stimme, die etwas vom Schmettern einer Trompete hat“, sie sei eine „vollbusige, stattliche Erscheinung“, die ihre Korpulenz voller Selbstvertrauen trägt, die sich in einer „breiten Mütterlichkeit“ entlädt. „Langeweile ist Gift“ ist ihr Lebensmotto.

Auch Elias Canetti besucht den progressiven Schwarzwald-Salon und stellt fest: „Wer war nicht aller schon da gesessen! Hierher kamen die eigentlichen Größen Wiens, und zwar lang bevor sie zu allgemein bekannten, öffentlichen Figuren geworden waren.“ Aber der scharfzüngige Schriftsteller Canetti erwähnt auch die übertriebene Betriebsamkeit der Salondame, die einen „an ihren Bauch drückte und so herzlich empfing, als sei man von Säuglingsjahren an ihr Schüler gewesen“, und meint, dass niemand „das Gespräch der Frau Dr.Schwarzwald besonders interessant gefunden hätte . . . da alles bei ihr ineinander- und durcheinanderfloß, war sie für geistige Menschen jener besonderen Art nicht nur uninteressant, sondern eher lästig. Man empfand sie als Schwätzerin mit den allerbesten Absichten.“

Striktes Alkoholverbot. Robert Musil charakterisiert Genia als „Nebeneinander von Wohltun und Sichwohltun“, in „Der Mann ohne Eigenschaften“ dient sie als Modell der Diotima-Figur Ermelinda Tuzzi – einer „Dame von unbeschreiblicher geistiger Anmut“. Für Karl Kraus ist sie in den „Letzten Tagen der Menschheit“ Vorbild für die umtriebige Figur der Hofrätin Schwarz-Gelber. Und in der Faschingsausgabe der „Neuen Freien Presse“ des Jahres 1922 mokieren sich die Autoren Egon Friedell und Alfred Polgar über Schwarzwalds besessene Vereinsmeierei und berichten über ihr „Stündchen bei einer Philanthropin“, die ständig die Welt verbessern will – etwa durch „Verwertung von Gebirgshöhlen als Turnsäle“ oder mit „Gebirgsluft fürs flache Land durch Herstellung transportabler Berge“.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.