EU streitet über Waffenembargo gegen Saudi-Arabien, Kneissl dafür

Amnesty: Wo ist Jamal Khashoggi?
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Außenministerin Kneissl fordert den Stopp von Waffenlieferungen aller EU-Mitgliedstaaten. Spanien, Frankreich und Großbritannien sind dagegen. FPÖ und ÖVP stimmten im Nationalrat trotz Haltung Kneissls gegen Entschließung.

In der Europäischen Union wird darüber gestritten, ob mit einem Waffenembargo auf die Tötung des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi reagiert werden sollte. Der Vorstoß der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft, vorerst keine Rüstungsgüter an Saudi-Arabien zu liefern, rief geteilte Reaktionen hervor.

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat sich am Freitagnachmittag gegen einen Stopp der Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien ausgesprochen. Entsprechende Forderungen im Zusammenhang mit dem Fall Khashoggi seien "reine Demagogie", sagte Macron. Waffenlieferungen an das Königreich hätten nichts mit der Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi zu tun, argumentierte der Präsident.

Deutschland begrüßt Vorschlag

Die deutsche Regierung hingegen begrüßte den Vorschlag am Freitag. Auch das Europaparlament hatte sich dafür ausgesprochen. Spaniens Regierungschef Pedro Sanchez hatte am Donnerstag im Parlament dagegen erklärt, ein Stopp der Lieferungen komme nicht infrage. Großbritannien machte ebenfalls deutlich, sie hätten kein Interesse an einem Embargo. Großbritannien und die USA haben bereits Einreisesperren gegen saudi-arabische Staatsbürger im Zusammenhang mit dem Fall Khashoggi verhängt. 

Die deutsche Regierung freue sich über die Initiative der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft, sagte eine Regierungssprecherin. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin ergänzte: "Wir stimmen uns jetzt mit unseren Partnern in der EU und auch innerhalb der G-7 ab, um mögliche Maßnahmen auch auf internationaler und europäischer Ebene zu prüfen." Mögliche Maßnahmen könnten aber erst ergriffen werden, wenn der Fall aufgeklärt sei.

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) hatte der deutsche Zeitung "Die Welt" gesagt, die Tötung Khashoggis sei ein "beispielloser Rechtsbruch", stelle aber nur den "Gipfel des Horrors" dar. Auch der Krieg im Jemen und die Katar-Krise sollten Anlass sein, endlich gemeinsam als EU gegenüber Saudi-Arabien aufzutreten. "Wenn wir als gesamte EU Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien stoppen, kann das ein Beitrag zur Beendigung dieser Konflikte sein", sagte Kneissl.

Das Europaparlament in Straßburg hatte am Donnerstag in einer nicht bindenden Resolution die Mitgliedstaaten aufgerufen, sich auf ein gemeinsames Waffenembargo zu einigen.

ÖVP und FPÖ gegen Embargo

Trotz der Aussagen Kneissls in der "Welt" hatten sich die ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz und die FPÖ, die Kneissl für das Ministeramt nominiert hatte, am Donnerstag einem von der Liste Pilz in den Nationalrat eingebrachten Entschließungsantrag nicht angeschlossen. Darin wurde die Bundesregierung aufgefordert, die Bewilligung für Waffenausfuhren nach Saudi-Arabien komplett zu untersagen (auch jene, die nicht unter das Kriegsmateraliengesetz fallen) und sich für ein gesamteuropäisches Waffenembargo gegen Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate einzusetzen. Nur die beiden übrigen Oppositionsfraktionen - SPÖ und NEOS - unterstützten den Entschließungsantrag, dem so die Mehrheit fehlte. Der außenpolitische Sprecher der SPÖ und designierte Spitzenkandidat der Sozialdemokraten bei der Europawahl, Andreas Schieder, kritisierte Kneissl daher und sah Widersprüche.

Neue Details im Fall Khashoggi

Khashoggi war am 2. Oktober im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul getötet worden. Das hat mittlerweile auch Saudi-Arabien eingeräumt. Türkische Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass Kronprinz Mohammed bin Salman den Befehl zur Beseitigung des Regierungskritikers gegeben hat.

Unterdessen wurden neue Details zum Ton-Mitschnitt bekannt, der offenbar während Khashoggis Aufenthalt im Istanbuler Konsulat angefertigt wurde. Ein europäischer Sicherheitsexperte sagte Reuters: "Es gab einen Streit zu Beginn, sie beleidigten sich gegenseitig, es entwickelte sich." Die Saudi-Araber seien mit den Worten zu hören: "Erteilen wir ihm eine Lehre." Khashoggi habe nicht den Eindruck gemacht, als rechne er damit, getötet zu werden.

(APA/Reuters)

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