Karl Kraus: Geist versus Zeitgeist

Die Lettern der „Fackel“. Kraus entschied sich bei seinen Drucklettern für die damals moderne Römische Antiqua.
Die Lettern der „Fackel“. Kraus entschied sich bei seinen Drucklettern für die damals moderne Römische Antiqua.Privatbesitz Christian Thanhäuser
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Sein Kampf für die Demokratie und gegen die Unmündigkeit im Umgang mit Medien macht Karl Kraus heute wieder relevant. Eine Erinnerung an den großen Kritiker.

Es ist schon seltsam, dass selbst das berühmteste Zitat von Karl Kraus meist falsch wiedergegeben und dann zusätzlich noch falsch interpretiert wird. „Zu Hitler fällt mir nichts ein“ steht so sogar im Zitate-Duden und die gängige Interpretation ist, Karl Kraus sei in der Tat zu Hitler und dem Aufstieg der Nationalsozialisten nichts eingefallen. Der Philosoph Gerald Krieghofer, der sich mit den Irrwegen von Metaphern und falschen Zitaten beschäftigt, wird nicht müde klarzustellen: Der später schlampig umformulierte Originaltext heißt „Mir fällt zu Hitler nichts ein“ und meint: Mir fällt nichts ein, was die Macht Hitlers beschränken und nichts, was den Opfern seiner Gewalt wirklich helfen könnte. Die Leser von damals erkannten auch sofort die Anspielung auf einen früheren Satz von Karl Kraus, von 1925: „Mir fällt weiß Gott zu jedem Dummkopf etwas ein.“

Versuche, Kraus' Monumentaldrama „Die letzten Tage der Menschheit“ auf die Bühne zu bringen, gibt es zwar in letzter Zeit einige, wirklich gelungen ist keiner davon. Die Gesamtausgabe seiner Zeitschrift „Die Fackel“ steht heute in jeder gutsortierten Privatbibliothek, aber man schaut nicht hinein, ebenso wenig wie in Goethes „Faust II“ oder Hermann Brochs Romane.

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