Tessa Worley siegt in Sölden, ÖSV-Stockerlplatz gab es wieder keinen. Doch es besteht Hoffnung.
Der Weltcupauftakt ist geschlagen, die ersten Lehren aus dem ersten Riesentorlauf der Saison sind bereits gezogen. Die 10.000 Zuschauer, die sich durch Nebel und Schneetreiben hinauf zum Rettenbachferner gekämpft hatten, sahen, wie Tessa Worley beim 25. Skiweltcup in Sölden für den ersten französischen Sieg sorgte, wie die Italienerin Federica Brignone ihr Blitz-Comeback mit Rang zwei krönte und wie US-Star Mikaela Shiffrin mit angezogener Handbremse auf Platz drei fuhr.
Weil auf 3040 Metern Seehöhe der Nebel zu dicht war, musste der Ersatzstart herhalten, 50 Höhenmeter weniger, aber immerhin ein Rennen, inklusive berüchtigtem Steilhang (steilste Stelle: 65 Prozent). Die Schneeflocken täuschten ohnehin, die Piste präsentierte sich pickelhart und unruhig. Bedingungen also, bei denen Worley, 29, ihre Routine ausspielen konnte. „Sölden ist ein Ort, an dem du irgendwann in deiner Karriere gewinnen willst. Ich bin glücklich, das geschafft zu haben“, meinte die zweifache Weltmeisterin.
Mit Laufbestzeit im zweiten Durchgang war sie an Brignone, der Führenden nach dem ersten Lauf, noch vorbeigezogen. Mit der zweitplatzierten Italienerin meldete sich auch die stärkste Riesentorlauf-Nation der vergangenen Jahre auf dem Podest zurück, Brignone selbst war wegen eines überdehnten Seitenbandes im linken Knie im September noch auf Krücken gegangen. „Ich habe es heuer so locker wie möglich genommen und das Rennen einfach genossen“, erklärte die Sölden-Siegerin von 2015 und Tochter der ehemaligen Rennläuferin Maria Rosa Quario.
Shiffrins Läufe zeigten, dass die US-Amerikanerin zum Auftakt kein unnötiges Risiko eingehen wollte. Ihr Angriffsmodus war in Sölden noch nicht zu bestaunen. Gerade deshalb hat sie mit dem dritten Platz ihre Favoritenrolle im Gesamtweltcup untermauert. „Es war nicht schön, aber ich habe gekämpft“, sagte die Titelverteidigerin.
Brunner ist zurück
Die ÖSV-Damen setzten die erstaunliche Negativserie von nun 21 Riesentorläufen ohne Podestplatz fort. Rücktritte und Verletzungen sind zu bedenken, dass aber jene Disziplin, die seit jeher die Basis für alle alpinen Bewerbe legt, zur größten Problemzone im österreichischen Lager wurde, ist alarmierend.
Doch es gibt Lichtblicke. Stephanie Brunner, die beste rot-weiß-rote Riesentorläuferin der vergangenen Jahre, war als Fünfte auch dieses Mal die schnellste Österreicherin und hat ihren Kreuzbandriss vom März dieses Jahres vergessen gemacht. „Besser hätte das Comeback nicht laufen können“, meinte die 24-jährige Tirolerin, die keine Schmerzen mehr verspürte. „In Sölden musst du beherzt fahren. Ja nicht die Schneid abkaufen lassen, wenn es unruhig wird.“ An den noch fehlenden Podestplatz will sie in Zukunft weniger Gedanken verschwenden. „Da habe ich mich vergangenes Jahr ein bisschen unter Druck setzen lassen, das gehe ich heuer anders an.“
Ihr überhaupt bestes Weltcupresultat feierte die 22-jährige Stephanie Resch als 19. Mit Startnummer 49 fuhr sie im ersten Durchgang noch auf Platz 16 vor. Im zweiten Lauf gelang ihr der Steilhang sensationell, nur ein Fehler im Flachen verhinderte einen Top-Ten-Rang. „Dafür, dass ich bis Dienstag noch um einen der letzten zwei Startplätze gekämpft habe, ist es ganz gut gegangen“, sagte die Salzburgerin.
Bemerkenswert auch die Norwegerinnen: Gleich vier Läuferinnen aus dem hohen Norden platzierten sich unter den besten zehn, darunter die 21-jährige Weltcup-Debütantin Thea Louise Stjernesund als Neunte.?
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2018)