Bei einem jüdischen Gotteshaus in der US-Stadt Pittsburgh sind Schüsse gefallen, mindestens elf Menschen wurden getötet. Die Polizei nahm den mutmaßlichen Täter fest, er soll "Alle Juden müssen sterben" gerufen haben.
In der US-Metropole Pittsburgh hat ein Mann am Samstag in einer Synagoge mehrere Menschen erschossen und weitere verletzt. Der mutmaßliche Täter stellte sich und wurde festgenommen, wie ein Polizeisprecher sagte. Laut Polizei gab es "zahlreiche Opfer im Innern der Synagoge". Auch drei Polizisten seien angeschossen worden.
"Im Gebiet Wilkins und Shady gibt es einen aktiven Schützen", hatte die städtische Zivilschutzbehörde gegen 10 Uhr (16 Uhr MESZ) gewarnt. Die Behörde, zu der auch die örtliche Polizei gehört, rief die Anrainer auf, die Gegend zu meiden. Das Fernsehen zeigte Spezialkräfte der Polizei und Krankenwagen vor Ort.
Zur genauen Zahl der Opfer konnte die Polizei vorerst keine Angaben machen. Medien berichteten von mindestens elf Toten in der Nähe der Synagoge "Tree of Life" ("Lebensbaum"), in der sich viele Gläubige aufhielten. Die Gläubigen hatten sich zum Sabbat versammelt. Die Lebensbaum-Synagoge liegt im Viertel Squirrel Hill, dem historischen Zentrum der jüdischen Gemeinde von Pittsburgh im US-Staat Pennsylvania.
Eine genaue Zahl von Todesopfern solle erst bekannt gegeben werden, wenn die Informationen gesichert sind, sagte Wendell Hissrich, Direktor für Öffentliche Sicherheit bei der Stadt Pittsburgh. Sicher sei, dass sechs Menschen verletzt wurden, vier davon Polizisten. "Es ist sehr schlimm", sagte Hissrich. "Ich habe viel gesehen, auch Flugzeugabstürze", betonte er. Die Szenen in der Synagoge gehörten zu den schlimmsten, die er bisher gesehen habe. Hissrich sprach von einem Hassverbrechen.
Antisemitischer Hintergrund
Medien berichteten, er sei als ein 46 Jahre alter weißer Amerikaner identifiziert worden, der in Sozialen Netzwerken durch rechtsgerichtete Kommentare aufgefallen sei. Nach offiziellen Angaben wird der Mann im Krankenhaus behandelt. Der Täter habe bei Eintreten in die Synagoge geschrien: "Alle Juden müssen sterben", wie die Polizei dem Lokalsender KDKA von CBS mitteilte.
US-Präsident Donald Trump verurteilte nach Wahlkampfauftritten in den US-Staaten Indiana und Illinois den "Hass" in den USA. Die Attacke sei "verheerender" als befürchtet. Er rief die Bevölkerung zur Vorsicht auf. Die First Lady Melania Trump schrieb ihrerseits: "Mein Herz blutet." Die Gewalt müsse aufhören. Der US-Vizepräsident Mike Pence twitterte: "Lasst uns beten für die Toten, die Verletzten, alle betroffenen Familien und unsere mutigen Erste-Hilfe-Kräfte!"
Der Präsident der Jüdischen Föderation von Groß-Pittsburgh, Jeff Finkelstein, sagte im Sender CNN, er sei "sehr traurig". Die Tat hätte nicht geschehen dürfen. Der Jüdische Weltkongress (WJC) und Israels Premier Benjamin Netanyahu zeigten sich ebenfalls schockiert. Bei dem Vorfall handle es sich um einen "abscheulichen Terrorakt", sagte WJC-Präsident Ronald Lauder laut Mitteilung am Samstag in New York. "Das war ein Angriff nicht nur auf die jüdische Gemeinde, sondern auf ganz Amerika." Netanyahu sprach am Samstag von "schrecklicher antisemitischer Brutalität".
Die Polizei von New York kündigte an, dass sie die Sicherheitsmaßnahmen für jüdische Einrichtungen der Stadt verstärke. Unter anderem würden zusätzliche Polizeistreifen eingerichtet.
Der Gouverneur des US-Bundesstaats Pennsylvania, Tom Wolf, twitterte, notwendig seien Maßnahmen, um derartige "Tragödien" künftig zu verhindern. Diese Gewalt dürfe nicht "als normal akzeptiert" werden.
Trump für bewaffnetes Sicherheitspersonal bei Gottesdiensten
Trump forderte schnellere Todesurteile für Mörder. "Sie sollten wirklich den ultimativen Preis zahlen", sagte Trump am Samstag über Menschen, die Gläubige in Gotteshäusern erschießen. "Sie sollten nicht Jahre über Jahre darauf warten." Der Präsident sprach sich zudem für bewaffnetes Sicherheitspersonal bei Gottesdiensten aus. "Ein Verrückter ging hinein und sie hatten keinen Schutz", sagte Trump über die Gemeindemitglieder. "Bewaffnete Posten hätten ihn sofort stoppen können." Mit den Waffengesetzen habe der Vorfall nichts zu tun. In den Vereinigten Staaten sterben jährlich mehr als 30.000 Menschen durch Schusswaffen.
Die Schüsse von Pittsburgh sind der vorläufige Höhepunkt einer Reihe antisemitischer Straftaten in den vergangenen Jahren. In Europa gab es in den vergangenen beiden Jahrzehnten mehrere Anschläge auf jüdische Einrichtungen. Bei einem Terroranschlag auf eine Synagoge im tunesischen Djerba wurden 2002 21 Menschen getötet. 2012 griff ein Mann eine jüdische Schule in Toulouse an und ermordete drei Kinder, einen Lehrer und drei Soldaten. Der Angreifer starb dann im Kugelhagel der Polizei. Er hatte sich selbst als Al-Kaida-Anhänger bezeichnet. 2014 verübte ein Islamist einen Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel, vier Menschen kamen ums Leben. In Paris tötete ein Islamist 2015 vier Menschen in einem jüdischen Supermarkt.
(APA/AFP/dpa/Reuters)