Reinthaller, die „Ehemaligen“ und die Anfänge der FPÖ

Zwei deutsche Fachpublikationen nehmen wichtige Entwicklungen in der Zweiten Republik unter die Lupe.

Anton Reinthaller? Vielen wird dieser Name vermutlich nichts sagen. Und doch ist er für Österreichs Zeitgeschichte eine nicht unwichtige Figur. Der Oberösterreicher Reinthaller (1895–1958) war frühes österreichisches NSDAP-Mitglied, nach dem März 1938 Landwirtschaftsminister im Anschlusskabinett, ab 1940 Unterstaatssekretär für Landwirtschaft im Reichsernährungsministerium in Berlin, zuständig für die Bergbauern, zudem Landesbauernführer Donauland sowie SS-Oberführer. Und nach dem Krieg war er der erste Obmann der 1956 gegründeten FPÖ.

In der jüngsten Ausgabe der „Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte“ (4/2018) widmete die Wiener Zeitgeschichteforscherin Margit Reiter diesem Anton Reinthaller und den Anfängen der FPÖ einen langen Aufsatz. Sie hat Reinthallers Nachlass im Oberösterreichischen Landesarchiv durchforstet und untersucht, wie der nationalsozialistische Multifunktionär trotz Gerichtsverfahren, Verurteilungen und Kerker nur elf Jahre nach dem Untergang des Hitler-Regimes im neuen Österreich erneut politische Karriere machen konnte. Reiter beschreibt, wie die „Ehemaligen“ (alle jene, die die NS-Ideologie geteilt, das NS-System aktiv unterstützt und mitgetragen haben und nach 1945 ihren Überzeugungen weitgehend treu blieben) sich Anfang der 1950er-Jahre plötzlich als „Opfer“ der Entnazifizierung stilisieren und sich so ins allumfassende österreichische „Opferkollektiv“ einklinken konnten: „Dieses ,Ehemaligen‘-Milieu bildete die personelle und ideologische Basis für die spätere FPÖ, die als politische Repräsentantin dieser nationalen Kernklientel fungierte“, erklärt Reiter. Diese „Ehemaligen“ waren es dann auch, die Reinthaller als FPÖ-Obmann haben wollten.

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