Vorarlberg: Familie wird nicht getrennt abgeschoben

Dass eine armenisch-iranische Familie getrennt worden ist, die abgeschoben werden soll, sorgte in Vorarlberg für Aufregung. Während die schwangere Mutter im Krankenhaus liegt, wurden Vater und ein Kleinkind ins Polizeianhaltezentrum Wien gebracht.

Die Abschiebung einer armenisch-iranischen Familie, die seit fünf Jahren in Sulzberg im Bregenzerwald leben, hat für Aufregung in Vorarlberg gesorgt. Sonntagfrüh hatte die Polizei die dreiköpfige Familie abgeholt. Die Frau, die im fünften Monat schwanger ist, war laut Medienberichten kollabiert. Wegen einer drohenden Frühgeburt war sie ins Krankenhaus Bregenz zur Überwachung gebracht worden, während ihr Mann und ihr dreijähriger Sohn nach Wien gebracht wurden.

Am Montag betonte Innenministeriums-Sprecher Christoph Pölzl , dass die auseinandergerissene Familie nicht getrennt abgeschoben werde. Eine getrennte Abschiebung wäre "derzeit unverhältnismäßig", sagte er. Die Mutter werde nach Wien gebracht, sobald sie sich gesundheitlich erholt habe. Anschließend soll die vereinte Familie außer Landes gebracht werden.

Pölzl unterstrich, dass im Fall der Familie korrekt gehandelt worden sei. Man sei aber um eine menschliche Lösung bemüht. Gleichzeitig stellte Pölzl fest, dass an der Abschiebung selbst nicht zu rütteln sei: "Die Familie ist illegal da."

Trennung sorgte für Kritik

Für Kritik hatte das Vorgehen der Behörden gesorgt, die den Vater und den dreijährigen Sohn von der Mutter trennten und ins Polizeianhaltezentrum Wien brachten. Der Bregenzer Rechtsanwalt Ludwig Weh hielt die Trennung des Kleinkinds von der Mutter für "barbarisch" und darüber hinaus "rechtswidrig". Die Familie, deren Asylantrag in letzter Instanz abgelehnt worden sei, hätte bis 1. November Zeit zur freiwilligen Ausreise gehabt, so Weh gegenüber dem "Standard".

Aufgrund der Stresssituation sei die 32-Jährige bei der Abholung kollabiert, erklärte Erwin Steurer, Flüchtlingsbeauftragter der Gemeinde. Die schwangere Frau sei gynäkologisch gesund, so Sicherheitslandesrat Christian Gantner (ÖVP). Wegen der Umstände sei es aber zu Komplikationen gekommen.

Wie Polizeisprecher Rainer Fitz gegenüber den "Vorarlberger Nachrichten" sagte, seien verschiedene Maßnahmen getroffen worden, um den Abschiebeauftrag möglichst schonend durchzuführen. "Es war unter anderem auch ein Arzt dabei, der die Frau untersucht hat", so Fitz. Er bestätigte, dass die Frau ebenfalls nach Wien gebracht werde, sobald die Entlassung aus dem Krankenhaus erfolge. Die Abschiebung aus Österreich könnte möglicherweise schon am Dienstag vollzogen werden.

Abschiebung vor einem Jahr verhindert

Schon vor einem Jahr sollte die iranisch-armenische Familie nach einem negativen Asylbescheid außer Landes gebracht werden, damals konnte die Initiative "Pro Asyl" die Abschiebung jedoch verhindern und einen einjährigen Aufschub erwirken. Die Familie sei in Sulzberg gut integriert gewesen, so Steurer: "Im Kirchenchor, in der Liturgiegruppe, in der Tanzgruppe". Der Mann leiste zudem Gemeinwesenarbeit im Rahmen der Integrationstätigkeit.

Bereits am Samstagnachmittag war ein 26-jähriger Mann aus Pakistan abgeschoben worden, der in Lustenau eine Gastronomie-Lehre absolvierte. "Es ist einfach eine Sauerei, wie in diesem Fall vonseiten der zuständigen Behörde vorgegangen worden ist", zeigte sich Vorarlbergs ÖGB-Landesvorsitzender Norbert Loacker empört. Der 26-Jährige hätte keinesfalls abgeschoben werden dürfen, verwies Loacker auf eine Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach in der Bearbeitung des Antrags auf humanitäres Bleiberecht Fehler gemacht worden seien.

Opposition kritisiert Abschiebepraxis

Die Vorarlberger Oppositionsparteien Grüne und NEOS zeigten sich am Montag entsetzt über die aktuelle Abschiebepraxis. "Herr (Innenminister Herbert, Anm.) Kickl und Herr (Bundeskanzler Sebastian, Anm.) Kurz sind persönlich dafür verantwortlich, dass solche Familientragödien 2018 in Österreich passieren. Ich fordere die beiden Herren eindringlich auf, alles zu tun, um solche Katastrophen künftig zu verhindern", sagte Daniel Zadra (Grüne) und sprach hinsichtlich des Vorfalls vom Sonntag von einer "Schande für Österreich". Wie Zadra kritisierte auch NEOS-Landessprecherin Sabine Scheffknecht, dass die ÖVP den Steigbügelhalter für die Politik der FPÖ mache.

(red.)

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