Wer in den USA geboren wird, soll nicht länger automatisch US-Bürger werden

Viele Migranten aus Mittelamerika sind derzeit unterwegs in Richtung USA, was US-Präsident Trump als Anlass für ein neues Dekret nimmt.
Viele Migranten aus Mittelamerika sind derzeit unterwegs in Richtung USA, was US-Präsident Trump als Anlass für ein neues Dekret nimmt.APA/AFP/PEDRO PARDO
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US-Präsident Trump Trump will für Änderung des Geburtsrechts notfalls vor Gericht ziehen. Toprepublikaner Ryan musste eine heftige Attacke einstecken, da er dem Vorschlag eine Absage erteilte.

Eine Woche vor den Kongresswahlen verschärft US-Präsident Donald Trump seine Anti-Migrations-Rhetorik weiter. Künftig solle nicht mehr jedes auf dem Boden der USA geborene Kind automatisch die Staatsbürgerschaft erhalten, kündigte der Präsident an. Zudem kündigte Trump an, dass Asylbewerber in "Zeltstädten" an der Grenze zu Mexiko festgehalten werden sollen.

Nach Vorstellung des US-Präsidenten sollen künftig nur noch jene Kinder bei Geburt die Staatsbürgerschaft erhalten, deren Eltern sich rechtmäßig in den USA aufhielten. Das seit 1868 in einem Verfassungszusatz festgeschriebene Geburtsrecht will er daher per Dekret kippen. Bisher haben alle auf US-Boden geborenen Kinder Anspruch auf die Staatsbürgerschaft - unabhängig vom Aufenthaltsstatus ihrer Eltern. "Wir sind das einzige Land der Erde, wo ein Baby gleich zum Staatsbürger der USA wird, wenn eine Frau hierherkommt und ein Baby bekommt - mit allen Vorteilen", sagte Trump in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit dem Nachrichtenportal Axios. "Das ist lächerlich. Das muss aufhören."

Trump will für die von ihm geplante Einschränkung des Staatsbürgerschaftsrechts notfalls bis vor das Oberste Gericht gehen. "Der Fall wird vom Supreme Court der Vereinigten Staaten entschieden werden", schrieb der US-Präsident am Mittwoch auf Twitter.

Trump attackiert Toprepublikaner Ryan scharf

Rechtsexperten zweifeln allerdings an der Umsetzbarkeit von Trumps Vorhaben. Das Recht auf Staatsbürgerschaft für alle auf US-Boden geborenen Menschen ist in einem Verfassungszusatz festgeschrieben. Viele Juristen argumentieren, dass der Präsident dieses verfassungsrechtlich verankerte Prinzip nicht einfach durch ein Dekret aufheben kann. Trump zeigte sich unbeeindruckt von solchen juristischen Argumenten. "Man sagt mir immer, dass man dafür einen neuen Verfassungszusatz braucht. Wissen Sie was? Das ist nicht der Fall", sagte er in dem Interview. Sein Dekret sei bereits in Vorbereitung und werde für die Neuregelung ausreichen.

Der ranghohe Republikaner Paul Ryan hatte dem Vorschlag des Präsidenten eine Absage erteilt. Er hatte erklärt, der Präsident könne das Geburtsrecht nicht mit einem präsidentiellen Erlass beenden. Das Recht auf die Staatsbürgerschaft bei Geburt auf US-Boden ist Teil der US-Verfassung. Eine Verfassungsänderung führt Trump nicht im Schilde, wohl wissend, dass die dafür nötigen Mehrheiten nicht vorhanden wären.
Dafür musste er eine scharfe Attacke Trumps einstecken. Ryan solle sich mehr darauf konzentrieren, die Mehrheit der Republikaner bei den Kongresswahlen zu halten, als sich zum Thema Geburtsrecht zu äußern, wovon er keine Ahnung habe, twitterte Trump.

Soldaten, Zeltstädte

In seinem Haussender Fox News legte Trump am Montagabend seine Pläne zur Abschreckung der aus Mittelamerika kommenden Flüchtlinge dar: den Bau von Zeltstädten an der Grenze. "Wenn sie Asyl beantragen, werden wir sie solange festhalten, bis ihr Verfahren stattfindet", sagte Trump. Die USA würden nicht für "Hunderte Millionen Dollar" feste Gebäude errichten, sondern "sehr schöne" Zelte aufstellen. "Wir werden Zeltstädte bauen, wir werden überall Zelte bauen." Ein solches Vorgehen werde dafür sorgen, dass niemand untertauchen könne und viel weniger Menschen aus Mittelamerika kämen.

Am Montag hatte die US-Armee mitgeteilt, im Laufe der Woche mehr als 5.200 Soldaten an die Grenze zu Mexiko entsenden zu wollen. Dort sind bereits rund 2.100 Angehörige der Nationalgarde im Einsatz. Die Soldaten sollten zunächst die Grenzübergänge und deren nähere Umgebung sichern, sagte Luftwaffen-General Terrence O'Shaughnessy. Dafür würden vorübergehend Zäune errichtet. Zur Übernahme von direkten Grenzschutzaufgaben sind die Soldaten jedoch nicht berechtigt. Illegal über die Grenze kommende Menschen dürfen sie nicht kontrollieren und festnehmen. Ihnen kommt nach Regierungsangaben vorwiegend eine Unterstützungsfunktion zu.

Karawane schrumpft

Viele der Flüchtlinge, die Mitte Oktober in Honduras starteten, machten sich nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP an Bord von Fahrzeugen auf den weiteren Weg in Richtung USA. Die ursprünglich aus rund 7000 Migranten bestehende Karawane ist mittlerweile deutlich geschrumpft. Laut der Hilfsorganisation Pueblos Sin Fronteras besteht sie derzeit noch aus rund 4000 Menschen, da viele Teilnehmer wieder den Heimweg angetreten sind und rund 1700 sich zum Bleiben in Mexiko entschieden haben. Der US-Grenzschutz rechnet mit 3000 bis 3500 Menschen.

Der mexikanische Erzbischof Carlos Aguiar Retes wies Spekulationen zurück, dass diese Migrationsbewegung das Ziel habe, Mexiko und die USA zu destabilisieren. Die Kirche bitte die katholische Gemeinde Mexikos, die Menschen zu schützen, die sich auf dem Weg durch das Land befänden, hieß es laut Kathpress in einer Erklärung der Erzdiözese Mexiko-Stadt am Montag.

Auch die katholischen Bischöfe der USA riefen unterdessen mit Blick auf die Tausenden nahenden Migranten aus Mittelamerika zu Mitgefühl auf. "Wir sind zutiefst betrübt über die Gewalt, die Ungerechtigkeit und die schlechte Wirtschaftslage, die viele Menschen in Zentralamerika zwingt, ihre Heimat zu verlassen", heißt es in einem Statement der US-Bischofskonferenz (Montag Ortszeit).

(APA/AFP)

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