Brief aus Gefängnis: Österreicher in türkischer Haft bedroht

Max Zirngast
Max ZirngastAPA/AFP/IPEK YUKSEK
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Der in der Türkei inhaftierte Max Zirngast schildert sein Martyrium in Polizeigewahrsam: Das Licht sei 24 Stunden an. "Statt auf einem Bett schläftst du auf einem Stück Holz. Essen gab's wenig, und wenn auch nur eiskaltes."

Der seit Mitte September in der Türkei inhaftierte Steirer Max Zirngast, dem laut seinen Anwälten Mitgliedschaft in einer linksgerichteten "terroristischen Vereinigung" vorgeworfen wird, hat im Gefängnis Bedrohungen erfahren. Das geht aus einem mit 18. Oktober datierten Brief des Studenten und Journalisten hervor, den der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) am Mittwoch veröffentlicht hat.

Der 29-Jährige wurde eine Woche nach seiner Festnahme ins Hochsicherheitsgefängnis Sincan 2 verlegt, das sich rund 60 Kilometer von Ankara entfernt befindet. Dort haben sich für ihn die Haftbedingungen verschlechtert. "Schon am ersten Tag wurden wir grundlos angeschrien, wir hatten nicht provoziert", berichtet Zirngast in seinem Schreiben. Mit Bemerkungen wie "Macht keine Faxen, sonst..." hätte man ihn und Mitgefangene einzuschüchtern versucht.

"Wir sind nicht im Gefängnis, um Faxen zu machen oder unnütze Auseinandersetzungen zu führen", hält er dem entgegen. Und weiter: "Wenn wir schon aufgrund unserer politischen Ansichten bestraft werden, dann werden wir diese Zeit so produktiv wie möglich nutzen, uns weiterentwickeln, alles lernen, was wir lernen können, um gestärkt, gereift, mit mehr Wissen und Fähigkeiten wieder hier rauszukommen."

Ungeachtet aller Schwierigkeiten - Zirngast hat bisher keine Besuche von Angehörigen und Freunden genehmigt bekommen, kann als Veganer nur ein Mal wöchentlich Obst und Gemüse kaufen und beklagt einen Mangel an Büchern, Schreibutensilien und Papier - vermittelt der 29-Jährige in seinem ausführlichen Schreiben einen ungebrochenen, gefestigten Eindruck. Untergebracht ist er in einer Zwei-Mann-Zelle. Zugang zu Warmwasser gibt es täglich eine halbe Stunde, zwischen 8 und 8.30 Uhr müssen die Inhaftierten zum Appell im Gefängnishof erscheinen. Seine Zeit vertreibt sich Zirngast mit Sport, Lesen - er erhält ausschließlich türkische Lektüre -, Schreiben und dem Erlernen von Fremdsprachen. Das aktuelle Zeitgeschehen lässt sich für ihn nur sehr begrenzt verfolgen.

"Magen, Krämpfe, Sodbrennen, Durchfall"

Besonders schwierig waren die Lebensbedingungen unmittelbar nach der Festnahme, als Zirngast nach einer Razzia in Polizeigewahrsam angehalten wurde: "Statt auf einem Bett schläfst du auf einem Stück Holz, mit einer dünnen Decke, ohne Kissen, es ist stickig und zugleich sehr kalt, und in meiner Zelle war 24 Stunden am Tag das Licht an. Dieses hässliche weiße Licht. Essen gab's wenig, und wenn auch nur eiskaltes. Nach ein paar Tagen hatte ich einen verdorbenen Magen, Krämpfe, Sodbrennen, Durchfall, das ganze Programm eben". Seien Inhaftierung interpretiert der Steirer folgendermaßen: "Im Zuge des Versuchs, die gesamte demokratische Opposition in Ankara zum Schweigen zu bringen, hat man eben auch an meiner Tür geklingelt." Er hätte "meine Stimme für eine demokratische Republik erhoben und die demokratischen Kämpfe unterstützt". Die seitens der türkischen Strafverfolgungsbehörden gegen ihn gerichteten Vorwürfe weist er entschieden zurück.

(APA)

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