Soldat in Kaserne erschossen: Schuldspruch wegen Mordes rechtskräftig

Polizeieinsatz nach dem Vorfall am 9. Oktober 2007 in der Albrechtskaserne.
Polizeieinsatz nach dem Vorfall am 9. Oktober 2007 in der Albrechtskaserne. (c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Der OGH wies die Nichtigkeitsbeschwerde eines Soldaten, der in der Albrechtskaserne in Wien-Leopoldstadt einen Grundwehrdiener erschossen hatte, zurück. Ob es bei 15 Jahren Haft bleibt, muss das Wiener OLG entscheiden.

Der Schuldspruch wegen Mordes für einen 22-jährigen Soldaten, der am 9. Oktober 2017 in der Albrechtskaserne in Wien-Leopoldstadt einen 20 Jahre alten Grundwehrdiener erschossen hat, ist rechtskräftig. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat bereits am 16. Oktober die Nichtigkeitsbeschwerde des jungen Salzburgers in nichtöffentlicher Sitzung als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

Wie aus der nunmehr im RIS (Rechtsinformationssystem) veröffentlichten Entscheidung (Geschäftszahl 11 Os 100/18t) hervorgeht, war für das Höchstgericht das Rechtsmittel nicht geeignet, "Bedenken gegen die Richtigkeit des Wahrspruchs in der vom Gesetz verlangten Intensität zu wecken". Der OGH wies den Einwand der Verteidigung zurück, aus der vom Erstgericht verworfenen Verantwortung des Angeklagten - dieser hatte einen Schießunfalls behauptet - ergebe sich noch kein Tötungsvorsatz, weil eine "traumabedingte falsche Erinnerung" dem Schützen medizinisch möglich sei. Der OGH qualifizierte das als "Versuch, eine Erklärung für das Aussageverhalten des Angeklagten zu bieten, ohne dabei auf konkrete aktenkundige Beweismittel Bezug zu nehmen".

Der 22-Jährige war am 14. Juni von Geschworenen am Landesgericht für Strafsachen mit 5:3 Stimmen - und damit mit dem knappest möglichen Abstimmungsverhältnis - anklagekonform wegen Mordes schuldig erkannt worden. Ein Schwurgericht (Vorsitz: Eva Brandstetter) verhängte über den bisher Unbescholtenen 15 Jahre Haft.

Ob es bei dem Strafausmaß bleibt, muss das Wiener Oberlandesgericht (OLG) entscheiden. Mit seiner Strafberufung wurde der 22-Jährige vom OGH ans OLG verwiesen.

Der tödliche Schuss auf dem Kasernengelände war gefallen, nachdem es sich der später Getötete im Ruheraum eines Wachcontainers bequem gemacht hatte, in dem er gemeinsam mit dem 22-Jährigen und einem dritten Grundwehrdiener in einem Dreier-Radl Dienst versah. Nach seiner Schicht zog sich der 20-Jährige die Schuhe und die Oberbekleidung aus und legte sich auf eine Pritsche. Er dürfte geschlafen haben, als ihm eine aus einem Sturmgewehr StG 77 abgefeuerte Kugel in den Kopf drang.

Angeklagter beteuerte Schießunfall

Der Angeklagte war bis zuletzt bei seiner Schießunfall-Version geblieben. Er hatte beteuert, er habe seinen Kameraden, mit dem er sich "perfekt" verstanden hätte, zum gemeinsamen Rauchen einer Zigarette wecken wollen, sei beim Betreten des Ruheraums gestolpert und gestürzt, wobei sich unabsichtlich der Schuss gelöst hätte. Das habe nur deshalb passieren können, weil ihm zuvor die Waffe aus der Hand gefallen sei, wobei eine Patrone aus dem Magazin in den Lauf gelangt sei.

Dieser Version trat jedoch ein Schießsachverständiger entgegen. Er fand keinen Hinweis, dass sich der Schuss "ohne besonderes Zutun gelöst haben kann", wie es in seiner Expertise hieß. Der Ballistiker hatte in Vorbereitung auf die Verhandlung mit der Tatwaffe und der vom Bundesheer verwendeten Munition zahlreiche Fallversuche durchgeführt. Aus diesen ergab sich für den Gutachter, dass die Patrone zweifelsfrei nicht durch Fallen der Waffe in den Lauf gelangt war.

Überdies war das StG 77 entsichert. Der Angeklagte hatte diesbezüglich eingeräumt, er hätte beim Wacheschieben aus Langeweile öfters mit der Sicherung "gespielt" und diese "hin- und hergeschoben, damit die Zeit vergeht".

Mögliches Motiv blieb ungeklärt

Ungeklärt blieb in dem Verfahren die Frage nach einem möglichen Motiv für einen Tötungsvorsatz. Der 20-Jährige soll den Älteren aufgrund dessen molliger Statur angeblich gehänselt haben, was jener aber vor Gericht in Abrede stellte. Philipp Winkler, der Rechtsvertreter der Hinterbliebenen, brachte wiederum eine homoerotische Komponente ins Spiel, die eine Rolle gespielt haben könnte. Der 20-Jährige soll den Angeklagten "Schatzi" genannt haben - für zwei junge Männer mit türkischen Wurzeln und einer entsprechenden Sozialisation nicht unbedingt ein naheliegender Spitzname. Der 22-Jährige hatte diese Bezeichnung bestätigt, die jedoch keine tiefere Bedeutung gehabt hätte ("Wir haben uns einfach Kosenamen gegeben").

(APA)

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