EU-Kommissar Hahn fordert Ende der Türkei-Beitrittsgespräche

Johannes Hahn gilt als der prominenteste Fürsprecher eines offiziellen Abbruchs der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei
Johannes Hahn gilt als der prominenteste Fürsprecher eines offiziellen Abbruchs der Beitrittsverhandlungen mit der TürkeiREUTERS
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"Langfristig wäre es ehrlicher für die Türkei und die EU, neue Wege zu gehen und die Beitrittsgespräche zu beenden", sagt EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn.

Die Verhandlungen über eine Mitgliedschaft der Türkei in der EU sollten nach Ansicht des zuständigen EU-Kommissars Johannes Hahn offiziell aufgegeben werden. "Ich finde, langfristig wäre es ehrlicher für die Türkei und die EU, neue Wege zu gehen und die Beitrittsgespräche zu beenden", sagte Hahn der "Welt" (Dienstag).

Das Festhalten an den seit 2005 laufenden Beitrittsverhandlungen habe bisher den Weg für eine "realistische, strategische Partnerschaft" versperrt, argumentierte der Erweiterungskommissar.

Hahn machte allerdings zugleich deutlich, dass die Entscheidung in der Frage weiter bei den Regierungen der Mitgliedstaaten liegt. Unter ihnen war bis zuletzt keine Mehrheit für einen offiziellen Abbruch der Gespräche absehbar. Bei Beratungen zum Thema wurde im Juni nur festgehalten, dass die Verhandlungen praktisch zum Stillstand gekommen sind und nur grundlegende Änderungen in der Türkei Fortschritte ermöglichen könnten.

Die EU-Staaten konstatierten in diesem Zusammenhang zutiefst besorgniserregende Rückschritte bei Rechtsstaatlichkeit, Grundrechten und Meinungsfreiheit. Das Vorgehen gegen Journalisten, Akademiker, Menschenrechtler, Oppositionspolitiker und Nutzer sozialer Medien könne nicht geduldet werden, hieß es zudem in einer im Juni beschlossenen Erklärung.

Als ein Grund für das Festhalten am EU-Kandidatenstatus der Türkei gilt die Migrationskrise. Der Entzug des Status könnte aus Sicht vieler Staaten den Flüchtlingspakt mit dem Land gefährden. Er gilt als ein Grund dafür, dass derzeit deutlich weniger Migranten nach Europa kommen als noch 2015.

Der Pakt sieht vor, dass die EU alle Migranten, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln kommen, zurückschicken kann. Im Gegenzug nehmen EU-Staaten der Türkei schutzbedürftige Flüchtlinge aus Syrien ab und finanzieren Hilfen für in der Türkei lebende Flüchtlinge. Das Land hat bisher insgesamt knapp 3,6 Millionen Flüchtlinge aufgenommen.

Hahn plädiert für Zollunion

Als mögliche Alternative zu den EU-Beitrittsgesprächen nannte Hahn im Interview der "Welt" Gespräche über eine Ausweitung der Zollunion mit der Türkei. Dies hatten allerdings im Juni die EU-Staaten vorläufig ausgeschlossen.

Mit seiner offenen Positionierung unterstützt Hahn Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Er gilt als der prominenteste Fürsprecher eines offiziellen Abbruchs der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Er hat im Kreis der Staats- und Regierungschefs bisher aber kaum Unterstützer. Ein einvernehmlicher Abbruch der Beitrittsgespräche wird von der Türkei abgelehnt. Das Land fordert sogar, die brachliegenden Verhandlungen nicht nur fortzuführen, sondern sogar auszuweiten.

(APA/dpa)

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