Arbeitszeit: "Arbeitsinspektor darf Freiwilligkeit gar nicht prüfen"

SONDERSITZUNG DES NATIONALRATES: MUCHITSCH / STRACHE
SONDERSITZUNG DES NATIONALRATES: MUCHITSCH / STRACHEAPA/ROLAND SCHLAGER
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Arbeitsinspektorate können bloß die Überschreitung der Arbeitszeit prüfen, argumentiert SP-Sozialsprecher Muchitsch. Es gebe dafür keine rechtliche Handhabe, sagt auch die AK Wien.

Dass die Arbeitsinspektorate nach Vorstellung der ÖVP künftig stärker kontrollieren sollen, ob 12-Stunden-Arbeitstage freiwillig erfolgt sind, sieht die SPÖ kritisch. "Die Arbeitsinspektorate sind dafür nicht zuständig und dürfen gar nicht prüfen, ob eine 11. oder 12. Arbeitsstunde freiwillig zustande gekommen ist", wurde Sozialsprecher Josef Muchitsch in einer Aussendung vom Dienstag zitiert.

Prüfen könnten sie lediglich, ob bei der Arbeitszeit zwölf Stunden pro Tag oder 60 Stunden pro Woche überschritten worden seien. Davon abgesehen seien die Arbeitsinspektorate bereits "mit viel zu wenig Personal ausgestattet, um die bisherigen Vorgaben auszuführen", kritisierte Muchitsch weiter. Der Gewerkschafter warf der Bundesregierung vor, dass ihr die Arbeitsinspektorate bisher "ein Dorn im Auge" gewesen seien und dass sie geplant habe, diese "auf ein reines Beratungsorgan zurückzustutzen". Muchitsch forderte neuerlich eine Neuverhandlung des Arbeitszeitgesetzes unter Einbeziehung der Arbeitnehmervertreter.

Heftige Kritik aus Niederösterreich

In eine ähnliche Kerbe schlug die Arbeiterkammer Wien: Die Arbeitsinspektorate hätten in der Frage der Freiwilligkeit "weder rechtliche Handhabe noch irgendwelche Befugnisse", sagte Alexander Heider, Leiter der Abteilung für Sicherheit, Gesundheit und Arbeit, und attestierte der Bundesregierung "mangelnde Sachkenntnis".

Auch der Präsident der Arbeiterkammer Niederösterreich, Markus Wieser, übte am Dienstag Kritik am Arbeitszeitgesetz. Die Annahme, dass Arbeitnehmer freiwillig zwölf Stunden am Tag arbeiten würden, sei "völlig weltfremd". Der Bundesregierung fehle "jedes Gespür dafür, wie es in den Betrieben abläuft, denn jeder normale Mensch mit Hausverstand weiß, dass der Arbeitgeber im Betriebsalltag in der weitaus stärkeren Position ist".

SPÖ-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek meldete sich ebenfalls zu Wort und kritisierte speziell die Auswirkungen der Ausweitung der Höchstarbeitszeiten auf Frauen. Der 12-Stunden-Arbeitstag sei "ein massiver Rückschlag für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie". Jeden Tag würden neue Fälle bekannt, die belegten, dass es keine echte Freiwilligkeit beim 12-Stunden-Tag gebe.

(APA)

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