Handel versus Kartoffelbauern: "Wollen giftiges Zeug nicht in unserer Ware"

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Schädlinge und Dürre dürften rund 70 Prozent der heimischen Erdäpfelernte beschädigt haben. Die Bauern führen dies auf den vom Handel forcierten Pestizid-Verzicht zurück.

Rund 70 Prozent der heimischen Erdäpfelernte dürften heuer Schädlingen und der Dürre zum Opfer gefallen sein, schreiben die "Oberösterreichischen Nachrichten" unter Verweis auf Bauernvertreter. Die Kartoffelbauern üben nun Kritik am von den Handelsketten forcierten Insektizide-Verzicht. Kulturen wie Kartoffel und Zuckerrübe verlangen den Einsatz von chemisch-synthetischen Betriebsmitteln, so die IndustrieGruppe Pflanzenschutz (IGP)

"Wir können den Ausfall noch nicht genau bemessen", sagt Anita Kamptner, Geschäftsführerin der Interessengemeinschaft Erdäpfelbau (IGE) der Zeitung. Es werde sich erst herausstellen, wie viel Ware der Lebensmittelhandel trotz der Schäden abnehme und wie viel weggeworfen werden muss. Rund 30 Prozent der Ernte seien vom Drahtwurm angefressen und unverkäuflich. Mindestens ebenso viel sei aufgrund der trockenen Witterung und anderer Schädlinge ziemlich unansehnlich. Der Handel werde sie wohl ablehnen, erwartet die Interessengemeinschaft Erdäpfelbau.

Im Frühjahr 2019 gehen heimische Kartoffeln  aus

Die Kartoffelbauern sind über die Umweltmaßnahmen der Handelsketten in Zusammenarbeit mit Umweltorganisationen (NGOs) verstimmt. Die Händler kaufen von den heimischen Bauern nur Kartoffeln, wenn sie auf Pestizide verzichten. Voraussichtlich werden die heimischen Erdäpfel im Frühjahr 2019 ausgehen; dann wird importiert.

Trockenheit und Insekten haben vor allem den niederösterreichischen Kartoffelbauern zugesetzt, die 95 Prozent der heimischen Speiseerdäpfel erzeugen. Hier waren dieses Jahr 25 Prozent der Kartoffeln so stark vom Drahtwurm befallen, dass sie nicht mehr vermarktungsfähig sind. Mit dieser nun zur Vernichtung preisgegebenen Menge könnte man 2,4 Millionen Österreicherinnen und Österreicher ein Jahr lang ernähren. Und allein für den Anbau und die Ernte dieser Kartoffeln wurden rund 400.000 Liter Diesel benötigt, die sich nun sinnlos in der Klimabilanz wiederfinden, schreibt die IGP in einer Aussendung.

Oberösterreich blieb halbwegs verschont. Von Spar werden die Vorwürfe zurückgewiesen. "Auch bei Bauern, die Insektizide eingesetzt haben, beträgt der Ernteausfall 30 bis 50 Prozent. Wir wollen dieses giftige Zeug nicht in unserer Ware haben und handeln dabei im Interesse unserer Kunden", wird Spar-Konzernsprecherin Nicole Berkmann im Bericht zitiert.

>>> Artikel in den "OÖN"

(APA)

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