Der Sieg der Demokraten könnten ein Korrektiv für Trump bedeuten. An ein Ende der protektionistischen Tendenzen des US-Präsidenten glaubt jedoch niemand.
Ökonomen stehen dem Ausgang der gestrigen US-Kongresswahl gelassen gegenüber. "Die große Überraschung, dass die Demokraten auch den Senat für sich in Anspruch nehmen, ist ausgeblieben" kommentierte der Chefanalyst der Raiffeisen Bank International (RBI), Peter Brezinschek, am Mittwoch. "Die Richtung der Wirtschaftspolitik wird das Ergebnis auch nicht wesentlich beeinflussen", so Brezinschek. Wie erwartet haben die Demokraten bei den sogenannten "Midterm Elections" die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückerobert. Dagegen konnten die konservativen Republikaner die Oberhand im Senat behalten.
Der Chefanalyst der Erste Group, Friedrich Mostböck, sieht das Wahlergebnis sogar "leicht positiv". Der Sieg der Demokraten im Repräsentantenhaus "bringt vielleicht ein Korrektiv für US-Präsident Donald Trump". Er rechnet damit, dass sich der Präsident nun "stärker mit dem Repräsentantenhaus abstimmen und häufiger in seinen oft kurzfristig orientierten Entscheidungen rechtfertigen muss".
Niedrige Arbeitslosigkeit in den USA
Auch der Chef des Institut für Höhere Studien (IHS) Martin Kocher verweist darauf, dass es für Trump nun deutlich schwieriger werden könnte neue wirtschaftspolitische Maßnahmen durchzusetzen. Allerdings sei Trumps Steuerreform, eines der Herzstücke seines Präsidentschaftswahlkampfes, bereits im vergangenen Jahr umgesetzt worden.
"Neue Steuerzuckerl" für die US-Amerikaner sind für die laufende Legislaturperiode laut Brezinschek aber nicht zu erwarten und da die positiven Effekte der jüngsten Steuerreform im kommenden Jahr langsam nachlassen werden, sei in der zweiten Hälfte 2019 mit einer leichten Eintrübung der Wirtschaftsdynamik in den USA zu rechnen. Das Wahlergebnis hätte auf diese Prognose aber keinen Einfluss gehabt. Noch laufe es gut in der US-Wirtschaft, vor allem am Arbeitsmarkt sei die Stimmung weiterhin sehr positiv, so Brezinschek. Die Arbeitslosigkeit befindet sich derzeit auf dem niedrigsten Niveau seit fast 50 Jahren.
Keine Änderung der Handelspolitik erwartet
Was die internationalen Handelskonflikte betrifft, dürfte Trump jedoch weiterhin nicht maßgeblich in seinem Handeln beeinträchtigt werden. Kocher erwartet, dass die Demokraten ihre neu gewonnene Mehrheit im Repräsentantenhaus eher nützen werden um sich auf andere Themen zu konzentrieren - auch um sich bereits für die 2021 anstehenden Präsidentschaftswahlen zu positionieren. Wirtschaftspolitische Themen seien hierfür "zu sperrig", so Kocher.
Weiters dürfe nicht übersehen werden, dass es auch unter einigen US-Demokraten Befürworter der protektionistischen Tendenzen Trumps gegenüber China gibt, sind sich Brezinschek und Kocher einig. Daher dürfte sich der Widerstand aus dem Repräsentantenhaus gegen die internationale Handelspolitik des Präsidenten in Grenzen halten. Auch eine Gefahr, dass sich Senat und Repräsentantenhaus nun gegenseitig in Streitfragen blockieren könnten und es so zu einem Stillstand in der US-Politik kommen könnte, sehen die Experten nicht.
Unterschiedliche Ansichten zu Handelsstreit
Laut dem RBI-Ökonomen besteht sogar die Chance, dass es 2019 zu einer Einigung im Handelsstreit zwischen den USA und China kommen könnte, zumal auch China in dem laufenden Konflikt wirtschaftlich viel zu verlieren habe. "Trumps Konstante ist seine Unberechenbarkeit", sagte Brezinschek. Insofern sei bei diesem Thema ein Trendwende durchaus möglich und wäre ein "wichtiger Entspannungspunkt für die Finanzmärkte", die derzeit besonders stark von politischen Faktoren beeinflusst werden. IHS-Chef Kocher sowie der Bank-Austria-Experte Stefan Bruckbauer sehen dagegen eher geringe Chancen für einen Durchbruch im Handelskonflikt mit China.
(APA)