Das Warten auf den Jazzstar hat sich gelohnt

Cécile McLorin Salvant betrat erst nach der Pause die Bühne des Konzerthauses – doch dann brillierte sie mit intimen Balladen.

Bleiern schwer war bald das Gemüt jener, die wegen Sängerin Cécile McLorin Salvant ins Wiener Konzerthaus gekommen waren. Sie ließ nämlich auf sich warten. Das 18-köpfige Clayton-Hamilton Jazz Orchestra verlustierte sich die gesamte erste Konzerthälfte an Altbackenem wie „On the Sunny Side of the Street“ – und auch die Eigenkompositionen von Leader John Clayton nährten nur die Langeweile. Sogar dann, wenn sie „Jazz Party“ hießen. Einzig die Billy-Joel-Ballade „And So It Goes“ vermochte in der ersten Halbzeit zu entzücken.

Als die Kombo nach der Pause abermals drei Instrumentalstücke absonderte, wurde auch robusteren Naturen ein wenig blümerant – und man begann sich Sorgen zu machen, dass McLorin Salvant gar nicht angereist war. Doch da ergriff Clayton das Mikrofon und kündigte endlich das Erscheinen des neuen Stars am Jazzhimmel an. Nach all der zelebrierten Seriosität des Orchesters erfrischte McLorin Salvant allein schon durch ihre Kleiderordnung. Die 29-Jährige trug eine Art Pyjamahose in gedeckten Farben sowie ein silbernes Jäckchen. 29 Jahre alt ist sie, ihr erstes Album erschien noch exklusiv in Japan, mit den darauffolgenden errang sie zwei Grammys. Das katapultierte sie aus den kleinen, schönen Clubs in die großen Säle dieser Welt.

Die Beatles und Aretha Franklin

Als Sängerin beherrscht sie beide Sphären, inniger kommt sie freilich in den Clubs über die Rampe. Ihr aktuelles Album, „Dreams And Daggers“, hat sie klugerweise im kleinen New Yorker Jazztempel Village Vanguard eingespielt. Und doch versteht sie, mit wenigen Noten auch in großen Räumen Intimität herzustellen. Zwei Balladen imponierten an diesem Abend besonders. Ihre verhuscht intonierte Beatles-Ballade „And I Love Her“, die sie wenig überraschend als „And I Love Him“ sang. Sowie kurz davor das noch beeindruckendere Aretha-Franklin-Juwel „One Step Ahead“. Und weil sich McLorin Salvant nicht nur für sehnsuchtsvolle Gefühle interessiert, hat sie noch die sinistre Jelly-Roll-Morton-Nummer „I Hate a Man Like You“ hinausgewuchtet. Standing Ovations!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2018)

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